Lk 12,35
C.O.Rosenius
Lasset eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen!
Luk. 12, 35.
Diese Worte bezeichnen in ihrer Bildersprache dasselbe, was
der Herr gleich darauf hinzufügt: ,,Seid gleich den Menschen,
die auf ihren Herrn warten, wenn Er aufbrechen wird von der
Hochzeit, auf daß, wenn Er kommt und anklopft, sie ihm
alsbald auftun." Der Herr will sagen: Seid zu jeder Zeit
bereit für Meine Ankunft, laßt Mich und Meinen Dienst euer
beständiges Ziel sein; hütet euch, daß eure Herzen in nichts
anderes verstrickt, von der Welt oder dem Fleisch verblendet
und beherrscht und also untüchtig werden, Mir recht zu
dienen und Mich mit Freuden zu empfangen! Ich bin nicht mehr
sichtbar unter euch, bis Ich Meine Braut gewonnen habe (d.
h. die Gemeinde oder die Vollzahl des Menschengeschlechtes,
die gewonnen werden soll); aber dann werde Ich wiederkommen
in großer Herrlichkeit, Tote und Lebendige zu richten.
Wacht, auf daß ihr beständig bereit seid!
Um aber für jeden Tag bereit zu sein, ist vor allem zweierlei
erforderlich. Wir müssen beständig in das hochzeitliche
Kleid gekleidet sein, d. h. im Glauben leben und täglich
angetan sein mit der Gerechtigkeit Christi. Wir dürfen
also dem Sündengefühl, das uns zu Christus treibt, nicht
abgestorben sein, sondern müssen immer eine solche Not über
unsere Sünden haben, daß wir nicht ohne Ihn und das Wort von
Ihm leben können. Das ist die Hauptsache, um dem Richter mit
Freuden begegnen zu können; denn ,,wer den Sohn Gottes hat,
der hat das Leben". Wer von Seinem Fleisch und Blut, d.h.
von Seiner Versöhnung lebt, der hat die ganz bestimmte
Versicherung des ewigen Lebens. Das ist die erste Bedingung,
um selig sterben und vor dem Richterstuhl Christi stehen zu
können.
Auf daß wir aber auch einen ,,reichlichen", einen freien und
friedevollen ,,Eingang zu dem ewigen Reich unseres Herrn und
Heilandes Jesus Christus" haben und nicht nur so ,,wie durchs
Feuer" hineinkommen, ist es ferner notwendig zu beachten, daß
wir in einem gesunden Geist der Liebe leben, mit Lust und
Freude Ihm dienen und nach dem trachten, was droben ist,
auf daß unsere Herzen nicht mit den Sorgen dieses Lebens,
mit Geiz und anderen herrschenden Sünden oder mit Haß und
Unversöhnlichkeit gegen irgendeinen Menschen beschwert sind,
wodurch der vertrauliche Zutritt zu Gott verhindert wird.
Daß alle solche Hindernisse weggeräumt werden und der Dienst
der Liebe geübt wird, das ist es, was zunächst mit den Worten
gemeint wird: ,,Lasset eure Lenden umgürtet sein und eure
Lichter brennen."
Der Herr Jesus wollte uns hiermit ermahnen, das fleischliche,
sichere und eitle Leben nicht wieder überhandnehmen zu
lassen. Wir sehen das noch deutlicher in Vers 45 u. 46:
,,So aber der Knecht in seinem Herzen sagen wird: Mein Herr
verzieht zu kommen - und fängt an, Knechte und Mägde zu
schlagen, auch zu essen und zu trinken und sich vollzusaufen,
so wird desselben Knechtes Herr kommen an dem Tage, da er
sich's nicht versieht." Dieser Knecht bezeichnet einen nicht
nur unachtsamen, sondern ganz abgefallenen Christen, was wir
daraus erkennen, daß das ganze Urteil des ewigen Zorns ihn
traf, indem der Herr spricht: ,,Er wird ihn entzweihauen und
wird ihm seinen Lohn geben mit den Ungläubigen." Wir aber
dürfen nie vergessen, daß es zu diesem erschrecklichen Ende
nur kommen kann, wenn ein Christ anfängt, so unachtsam und so
sicher zu sein, daß er sich weder vor den Gefahren fürchtet
noch sich warnen läßt. Gerade eine solche Sicherheit führt
zu einem ganzen Abfall, zu geistlichem Tod und ewiger
Verdammnis. Darum ist es ganz sicher, daß wir, wenn wir
errettet werden wollen, unbedingt Christi Warnung zu Herzen
nehmen müssen. Wenn wir angefangen haben, weltlich, eitel
und sicher zu werden, müssen wir von diesem Sicherheitslager
aufstehen und alle Barmherzigkeit und Gnade Gottes suchen, um
wieder zu dem ersten, gottesfürchtigen und wachsamen Geist
zurückzukommen, in dem wir anfangs lebten, als Gott uns
bekehrte.
Wir werden in der ganzen Heiligen Schrift - von ihrer
ersten bis zur letzten Seite - keine einzige Stelle finden,
die einem sicheren Menschen die Hoffnung gibt, daß es
ihm wohlergehen werde. Es steht darin kein einziges Wort,
welches sagt: Gott ist so gnädig und treu, daß, wenn du dich
vor der Sünde und dem Teufel auch nicht fürchtest und darum
sorglos bist, der Herr dir doch durch Seine Gnade helfen
wird. Bedenke! Ein solches Versprechen findet sich nirgends
in der Schrift. Es gibt da wunderbar gnädige Verheißungen
für die Sünder, auch bei den schwersten Versuchungen und
Sünden, beachte aber - stets nur für den Fall, daß der Sünder
sich züchtigen läßt und zur Buße und zum Gebet kommt; dann
wird allem abgeholfen - sonst aber nicht. Die Heere des
Seelenfeindes werden die Sicheren bestimmt verderben. In
diesem Feindesland wird der Mensch entweder im Kampf und in
der Furcht sein und dann nur durch die Macht der Stärke
Gottes errettet werden, oder er wird sicher und unbekümmert
bleiben und dann umkommen. So geht es immer in einem
wirklichen Krieg zu. So ergeht es auch dem, der sich gegen
einen reißenden Strom vorwärtskämpfen muß, um nicht in die
jähe Tiefe hinabgezogen zu werden. Wenn er sich in seinem
Boot schlafen legt, wird er bald in der Tiefe umkommen. -
Wir tragen in unserer Natur ein Verderben, das uns
unausgesetzt vom Wege zur Seligkeit abzieht; dazu kommt
noch die unverdrossene Arbeit der Welt und des Teufels mit
demselben Ziel. Deshalb müssen wir beständig die Ermahnung
des Herrn zu Herzen nehmen: ,,Lasset eure Lenden umgürtet
sein und eure Lichter brennen!"
Laßt uns, solang' wir in der Zeit,
Umgürten unsre Lenden
Und so den Lauf zur Ewigkeit
In Christo selig enden!