Lk 8,13
C.H.Spurgeon
,,Die haben nicht Wurzel."
Lk. 8, 13.
Meine Seele, prüfe dich jetzt im Lichte dieser Schriftstelle.
Du hast das Wort angenommen mit Freuden; dein Gemüt ist angeregt
worden, und du hast einen lebendigen Eindruck empfangen. Aber
bedenke, daß es etwas andres ist, mit den Ohren das Wort
aufnehmen, und etwas andres, den Herrn Jesum selber ins Herz
aufnehmen; ein lebhaftes, aber oberflächliches Gefühl ist gar
oft mit innerer Herzenshärtigkeit verknüpft, und ein starker
Eindruck des Wortes ist nicht immer auch ein bleibender. Nach
unserm Gleichnis fiel etliches, das gesäet ward, in das
Steinichte, da es nicht viele Erde hatte; und da der Same
aufging, konnte er nicht unter sich wurzeln, denn das felsichte
Erdreich hinderte ihn, und darum trieb er mächtig in die Höhe;
weil ihm aber die Wurzeln keine Nahrung zuzuführen vermochten,
verwelkte er und ward dürre. Steht es etwa auch mit mir so? Habe
ich nach außen ein viel verheißendes Wachstum gezeigt, während
mir das wahre, innere Leben fehlte? Ein gutes Gedeihen verlangt
gleichzeitig ein Wachstum nach oben und nach unten. Bin ich fest
gewurzelt in aufrichtiger Treue und Liebe gegen den Heiland?
Wenn mein Herz nicht erweicht und befruchtet ist durch die
Gnade, so mag der gute Same eine kurze Zeit grünen, aber zuletzt
muß er absterben, denn er kann nicht gedeihen auf einem
steinichten, ungebrochenen, ungeheiligten Herzen. Ach, ich will
fliehen vor einer Frömmigkeit, die so schnell aufblüht, aber
auch so bald hinwelkt, wie der Kürbis über dem Haupte Jonas';
ich will die Kosten ganz überschlagen, wenn ich ein Jünger Jesu
werde; vor allem aber möchte ich die Kraft seines Heiligen
Geistes an mir erfahren, dann werde ich eine bleibende und
lebensfähige Saat im Herzen besitzen. Wenn mein Gemüt verhärtet
bleibt wie zuvor, so wird die Sonne der Heimsuchung es nur
ausbrennen, und mein Felsenherz wirft die Hitze nur umso
heftiger auf die spärlich bedeckte Saat zurück, und meine
Gottesfurcht erstirbt schnell, und meiner wartet schreckliche
Verzweiflung; darum, Du himmlischer Sämann, pflüge mich erst,
und dann streue Deine Wahrheit in mich aus, und laß mich
reichlich Frucht bringen!
,,Herr Jesu, laß mein Herze sein
Zerknirschet und zerschlagen,
Damit der Same dring' hinein;
Und laß ihn Früchte tragen!"
C.Eichhorn
Oberflächlicher Glaube
Die aber auf dem Fels sind die: wenn sie es hören, nehmen
sie das Wort mit Freuden an; und die haben nicht Wurzel.
Luk. 8, 13
Es dringt bei ihnen ein, aber nicht durch. Es bleibt auf der
Oberfläche. Der Fels ist ein Bild des noch ungebrochenen
Herzensgrundes. Das Gefühl ist bei ihnen lebhaft beteiligt.
Sie nehmen das Wort "mit Freuden" an. Sie sind glücklich und
begeistert und singen die Lieder des Rettungsjubels. Jedoch
in der Tiefe befinden sich noch starke Widerstände. Der
Wille ist noch lange nicht an den Herrn ausgeliefert worden.
Weil das eigene Begehren im Grund noch den Ausschlag gibt, so
fallen sie schnell wieder ab, sobald es gegen den Willen der
Natur geht. Mit dem Mund sind sie freudig bereit, zu sagen:
ich will dem Herrn gehören. Aber im Herzensgrund, ihnen
selbst unbewußt, sind viele "Nein" aufgespeichert. Sie sind
wetterwendisch, glauben nur eine Zeitlang. Sobald Anfechtung
kommt, fallen sie ab. Die Leidensscheu ist keineswegs
überwunden. Spott und Verfolgung um des Wortes willen wollen
sie nicht auf sich nehmen. Oder wenn der Heiland ihren
Herzenswünschen nicht entgegenkommt, sondern Enttäuschung
bereitet, stoßen sie sich an ihm. Es soll eben gerade so
gehen, wie sie es gern hätten. - Ein gründliche Bekehrung
ist nicht nur eine Gefühls-, sondern eine Willensbekehrung.
Es muß durch ein Sterben hindurchgehen. Der alte Mensch darf
sich nicht nur schnell ein frommes Gewand umhängen, er muß
ausgezogen werden. - Man trifft in christlichen Kreisen so
viele an, die nie durch ein wirkliches Zerbrechen
hindurchgegangen sind. Sie haben wohl schon Freudenstunden
erlebt, aber noch nicht Stunden tiefster Traurigkeit über
sich selbst. Sie haben ihr Grundverderben noch nie recht
eingesehen. Darum ist noch ein harter pharisäischer Sinn,
eine versteckte Selbstgerechtigkeit in ihnen. Ihr
Herzensboden ist noch nie unter Bußtränen durch und durch
erweicht worden. Man spürt an ihnen ein ungebeugtes
Ichwesen. Sie wollen sich nichts sagen lassen, und wenn sie
in ihrem ehrsüchtigen Wesen sich gekränkt fühlen, so ziehen
sie sich schmollend zurück. - Sind solche Christen dazu
verurteilt, ihr ganzes Leben hindurch auf halbem Weg
stehenzubleiben? Kann es mit ihnen nicht auch noch anders
werden? O ja, durch Gottes Gnade kann aus ihnen noch etwas
Rechtes werden. Nehmt einen Petrus! In seinem Herzen war
auch noch Felsboden ungebrochenen Selbstvertrauens, darum
fiel er ab in der Stunde der Anfechtung. Aber eben hierdurch
kam es zu gründlicher, tiefer Buße. Er weinte bitterlich und
verlor allen Glauben an sich. Er wollte nicht mehr der erste
unter den Aposteln sein. Sein Inneres war vernichtet und
zermalmt. Nun gingen die Wurzeln tief. Sein Herz gehörte
ganz dem Herrn. Sein Heiland war ihm nun alles und erfüllte
ihn ganz. Er hätte von sich selbst abfallen müssen, wenn er
von seinem Heiland gewichen wäre. Eine ganze Buße fesselt
unzerreißbar an ihn. Fahren wir fort, bis der letzte Rest
des ungebrochenen Selbstlebens zerschlagen ist!