Lk 4,29
J.Kroeker
Von der Reichsgottesoffenbarung im Sohn.
"Und sie standen auf und stießen ihn zur Stadt hinaus und
führten ihn an den Rand des Berges, auf den ihre Stadt
gebaut, dass sie ihn hinabstürzten. Er aber ging mitten
durch sie hin und zog davon." Luk. 4,29 f.
Wie königlich war auch Jesu Verhalten seinen Feinden
gegenüber. Er antwortete ihnen, wenn Er wollte. Er schwieg
aber auch, wenn Er wollte. Zwar kamen sie Ihm mit allen
möglichen verfänglichen Fragen. Und seine Heilandsseele
litt darunter, wenn sie auf Ihn "lauerten", ob Er auch den
Menschen mit der verdorrten Hand am Sabbat heilen werde.
Gewiss, den Pharisäern stand fest: "Er treibt die Teufel aus
durch Beelzebub, den obersten der Teufel." Aber gewinnt man
bei aller gelegentlichen Schärfe seiner Worte gegen seine
Feinde je den Eindruck, dass Er seinen göttlichen Adel
verlor? Wie zeigte sich doch in seinem Verhalten und seinen
Antworten: Nicht der Hass und das Wort seiner Feinde
meisterten Ihn, Er meisterte sie. Er wies die Feinde
gelegentlich mit solcher Schärfe und Wucht in die Schranken,
dass sie kein Wort der Erwiderung finden konnten.
Er ist daher auch nicht als Märtyrer gestorben, sondern Er
starb als das königliche Opferlamm, das sich freiwillig
als Opfer zum Heil der Menschheit brachte. Und glaubte die
Bosheit und Feindschaft wirklich über Ihn zu triumphieren, so
gab Er seinem Kreuz auf Golgatha einen Inhalt der Offenbarung
der Barmherzigkeit Gottes, wie die Welt eine ähnliche bei
allen bisher dargebrachten Opfergaben noch nicht erlebt
hatte.
Und weil Er in dieser Welt der Vergebung innerhalb der
Königsherrschaft seines Vaters lebte, daher konnte Er auch
seiner Jüngergemeinde den Auftrag geben: "Liebet eure Feinde,
segnet, die euch fluchen, betet für die, so euch beleidigen
und verfolgen." Wahrlich, kein neues Gesetz für seine Jünger,
wohl aber ein neues Handeln aus dem Geiste und der Kraft
jener Reichsgotteswelt heraus, in die Er seine Jünger zu
stellen suchte. Leben sie erst in derselben, dann ist Ihm
nicht bange, sie mit seinem Reichsgotteszeugnis wie Lämmer
mitten unter die Wölfe zu senden. Und fürchten sie sich,
so spricht Er zu ihnen: "Seid ohne Sorge, was ihr ihnen
antworten sollt!"
"Dein ist das Reich!" - so bekennen wir als Kirche Christi
anbetend am Schluss des Vaterunsers. Wahrlich, nicht ein
Reich, wie Völker es schufen, Schwärmer es erträumten,
Fanatiker es predigen, ein Reich, wie Du es, Herr Jesu,
in deiner Knechtsgestalt lebtest und wie es mit Dir in
Herrlichkeit einst als der Triumph des Lebens über den Tod,
als der Sieg der Barmherzigkeit über die Schuld, als Erlösung
der Schöpfung durch die Liebe wird vollendet werden!