Lk 3,5
C.Eichhorn
Weg mit den falschen Höhen!
Alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden. Luk. 3, 5
Ein Herz, das noch nicht am Herrn Jesus seinen Halt gefunden
hat, wird von Gegensätzen hin- und hergeschleudert:
himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt; bald trotzig, bald
verzagt. Bald wirft sich der Mensch schmählich weg, bald
wirft er sich wieder stolz in die Brust. Er muß von den
eingebildeten Höhen heruntersteigen, sonst kann der Herr
Jesus bei ihm nicht Einzug halten. - Geldstolz, Bildungs-
und Gelehrtenstolz, Tugendstolz, Adels- und Standesstolz
versperren Jesu den Weg. Solange wir noch hohe Ansprüche im
Herzen tragen, ist dem Heiland der Weg verschlossen. Erst
wenn wir alle Ansprüche fallen lassen und uns als Missetäter
erkennen, die lediglich ein Gnadengesuch einreichen können,
erst dann ist ihm der Weg geebnet. - Wer sich dünken läßt,
er sei etwas, da er doch nichts ist, der betrügt sich selbst.
Was sind wir denn bei Licht besehen anderes als Sünder
und große Schuldner vor Gott? Wir gehören alle auf die
Anklagebank. Darum fort mit all den grundlosen Einbildungen,
herunter auf den Platz des Zöllners, der seine Augen nicht
aufheben wollte, sondern an die Brust schlug mit dem Seufzer:
Gott, sei mir Sünder gnädig! - Der Hochmut macht blind für
die eigenen Schwächen und Gebrechen, für die Grenzen der
eigenen Begabung. Er macht blind für die Vorzüge anderer.
Er will nicht anerkennen, daß sie etwas voraus haben. Der
Hochmütige traut sich alles zu, er will nicht von andern
lernen, nicht einmal fragen, um keinen Preis die eigene
Unwissenheit gestehen. Aus dem Hochmut kommt der Neid, der
das Schöne und Gute an anderen verkleinert und begeifert;
die Eifersucht, die niemand neben sich dulden kann; das
empfindliche und beleidigte Wesen, das keinen Vorwurf
annehmen und ertragen will. Der Hochmut läßt sich nichts
sagen, er kann seine Fehler und Irrtümer nicht zugeben und
den andern um Verzeihung bitten wegen eines zugefügten
Unrechts. Der Hochmut setzt sich im letzten Grund wider Gott
und die Wahrheit. Der Hochmut ist Selbstvergötterung, das
eigene Ich wird auf den Thron erhoben. Darum widersteht Gott
dem Hoffärtigen. Der Hochmut stellt dem Heiland ein
unüberwindliches Hindernis in den Weg. - Gottes Wort und
Gottes Wege zielen dahin, die Menschen von der falschen
Höhe herunterzuholen. Durch seine Führungen, die so oft
schmerzlich und demütigend sind, sucht er uns von außen
her zu beugen. Wollen wir ihm doch keinen Widerstand
entgegensetzen, wenn sich seine Hand schwer auf uns legt!
Beugen wir uns darunter, wir haben's ja reichlich verdient!
Durch das Wort der Wahrheit sucht er uns von innen her klein
zu machen. Wollen wir uns doch nicht dagegen sträuben,
sondern dem Wort recht geben! Dann kann der Heiland mit
seiner Gnadenfülle Einzug halten.
C.Eichhorn
Fort mit aller Unaufrichtigkeit!
Was krumm ist, soll richtig werden. Luk. 3, 5
Die krummen Wege halten den von uns fern, der die Wahrheit
ist. Von Natur sind wir alle der Unwahrheit verfallen:
denn wo Sünde ist, da ist auch Lüge. Sie ist der Schatten
der Sünde. Man will doch sein Böses nicht vor aller Welt
bekanntgeben. So versteckt man's und gibt sich einen guten
Schein. Man übertüncht und maskiert, gebraucht Hüllen und
Schleier, treibt Schönfärberei, bedient sich der Ausreden
und will aus Schwarz Weiß machen. - Ach, diese Lügen- und
Verstellungskünste! Sie führen immer weiter ab vom Heil.
Tut man etwas Unrechtes, so richtet man eine Wand zwischen
der Seele und Gott auf. Doch wer sein Böses offen bekennt,
dem schiebt Gott die Wand fort. Aber wer noch recht haben
will, Ausflüchte sucht, sich verteidigt und reinwaschen will,
der macht aus der Wand ein festes Bollwerk. Kinder und junge
Leute sind ja wohl auch schnell mit einer Lüge bei der Hand,
wenn sie fehlen. Aber sie sind noch nicht innerlich so
verlogen und in Scheinwesen und Unlauterkeit verstrickt, wie
dies mit zunehmenden Jahren der Fall ist, falls der Mensch
nicht wahr wird oder sich bekehrt. Das schauspielerische
Wesen nistet sich immer tiefer ins Herz ein, je mehr und je
länger man es übt. Man spielt seine Rolle, gibt sich anders,
als man ist, erkünstelt eine Außenseite, die das Gegenteil
vom Innern darstellt. Man heuchelt sogar Frömmigkeit.
Wenigstens sucht man unter Frommen einen möglichst günstigen
Eindruck zu machen. Unter weltlich Gesinnten benimmt man
sich wieder ganz anders. Es ist schon dies eine Unwahrheit,
wenn man nur seine Vorzüge herauskehrt, von seinen Schwächen
und Fehlern aber schweigt.
- Ein junger Mann - es war in ihm ein edler Zug, ins Gemeine
war er nicht herabgesunken - wollte eben doch im Grunde
etwas "vorstellen". Da fügte es Gott, daß er mit einigen
überzeugten Christen zusammenkam. Nun wurde ihm mit einem
Mal klar: "Du hast bisher dem Schein gehuldigt. Du wolltest
doch immer etwas aus dir selber machen. Drum war dein Wesen
gekünstelt und unwahr." Es brachte ihn in schwere innere
Kämpfe. Er wollte wahr, ganz wahr werden. Er gab alles
offen heraus, was nicht recht gewesen war in seinem
bisherigen Leben, und bekannte denen, die ihm nahestanden,
rückhaltlos seine Häßlichkeit. Der feine, liebenswürdige,
dem Edlen zugeneigte Jüngling wollte sich ganz in seiner
wahren Gestalt zeigen, nicht mehr über Gebühr eingeschätzt
werden. Und weil er, was krumm war, richtigstellte, so
kehrte Jesus bei ihm ein. Eine nie gekannte Freudigkeit
kam über ihn, von seinem Angesicht leuchtete die Gnade des
Heilandes. - Unverweilt zieht er bei denen ein, die mit
wahrhaftigem Herzen ihm nahen. "Ich muß heute bei dir
einkehren", spricht Jesus zu der Seele, die aus dem Versteck
und den Schlupfwinkeln hervorkommt und allem falschen
Scheinwesen entsagt!
C.Eichhorn
Fort mit dem stürmischen Eigenwillen!
Was uneben ist, soll schlichter Weg werden. Luk. 3, 5
Auf höckerigem Weg geht, wer im Eigenwillen wandelt. Die
Wege des Herrn sind gerade und eben, da stößt man sich nicht.
Er leitet auf schlichtem Weg alle, die sich von ihm führen
lassen. Sein guter Geist führt auf ebener Bahn. Der Heiland
sagt: "Wer des Tages wandelt, stößt sich nicht." Nach dem
Zusammenhang ist das Wandeln am Tage ein Weg nach dem Willen
Gottes. Die Jünger redeten nämlich Jesu ab, nach Judäa zu
ziehen, da die Juden ihn das letzte Mal steinigen wollten.
Er aber läßt sich durch keine Rücksicht irgendwelcher Art
seinen Weg vorzeichnen. Er folgt nur dem Willen des Vaters.
Nicht einen Augenblick früher dürfen Menschen seinem Wirken
ein Ende machen, als es der Vater bestimmt hat. Wer bei
Nacht wandelt, wer seinem finstern Eigenwillen folgt, der
stößt sich; denn es ist kein Licht in ihm (Joh. 11, 9.10).
- Wie oft rennt der eigenwillige Mensch an! Er sucht sich
nach seinem Gutdünken einen Weg heraus, und bald kommen
empfindliche Anstöße und Hindernisse. Er stolpert und fällt
im letzten Grunde über sich selbst. Wer nach dem Willen
Gottes seinen Weg geht, kommt auch oft durch Engpässe, Berge
sperren ihm den Weg. Aber dann heißt es: "Wer bist du,
großer Berg? Du mußt zur Ebene werden." Wer in den Linien
Gottes geht, kommt stets durch. Eine unsichtbare starke Hand
räumt die Hemmnisse entweder fort oder führt nicht bloß
trotz ihrer, sondern sogar durch sie zum Ziel. Sie müssen zu
Förderungen werden. - Beim Eigenwillen stolpert man über die
geringfügigsten Dinge. Es soll ganz nach dem eigenen Kopf
gehen. Bei jedem unerwarteten, oft kleinen Widerstand
gibt es Unmut und Verdruß, üble Launen und Verstimmungen.
Eigenwillige Leute bekommen auch ständig Anstöße mit anderen
Menschen. Sie meinen, es müßten sich alle nach ihnen
richten. Da fehlt es dann nicht an unschönen Auftritten und
heftigen Zusammenstößen. Sie klagen über die schwierigen
Menschen um sich herum und erkennen nicht, daß die
Schwierigkeiten in ihnen selbst liegen. Sie sind Anstöße
in Person. Sie glauben beständig, sich an andern stoßen zu
müssen, und in Wirklichkeit sind sie es, an denen man sich
stößt. Sie denken, ein böses Schicksal verfolge sie und
lasse sie zu keinem Glück auf Erden gelangen. In Wahrheit
ist es der ungebrochene Eigenwille, durch den sie selbst
ihr Leben verpfuschen und zu einer Kette von Enttäuschungen
machen. Manche enden im Irrenhaus, weil ihr Eigenwille schon
in der Jugend durch Eltern und Erzieher nicht gebrochen und
auch später auf dem Wege der Buße nicht zerbrochen worden
ist. - Wer sich beugt über die Grundsünde des Eigenwillens
und aufrichtig entschlossen ist, sich hinfort von oben leiten
zu lassen, bei dem kann Jesus einkehren. Es muß bei uns
heißen: "Herr, was willst du, das ich tun soll?" So wurde
Saulus ein Gefangener Jesu, mit Fesseln der Liebe an ihn
gebunden. Nicht mehr eigene Wahl, sondern die Liebe zu
Christus wurde die bestimmende Macht in seinem Leben.