Lk 2,10
D.Rappard
Fürchtet euch nicht; siehe, ich verkündige euch große
Freude.
Luk. 2,10.
Evangelium! Gute Botschaft! In jener stillen, heiligen
Nacht, da Jesus geboren wurde, sandte Gott einen Engel,
begleitet von der ganzen Menge der himmlischen Heerscharen,
um der Erde die erstaunliche Nachricht zu bringen: Christus,
der Retter, ist da!
Aber die Welt schläft ruhig weiter. Einige achten die
Engelsbotschaft als ein liebliches Märchen, das die Kinder
unseres Jahrhunderts nichts angeht. Andere ,,lassen sie
wohl stehen" und freuen sich der Segnungen, die das Christentum
der Welt im Allgemeinen gebracht hat; aber daß es sie
persönlich berühre, denken sie nicht. Nur wer seine Sünde
erkannt hat und weiß, daß er eines Retters bedarf, dem ist
jene Nachricht die süßeste, herrlichste, seligste Musik: Dir
ist der Heiland geboren!
O Brüder, Schwestern, laßt uns diese Himmelsbotschaft
niemals als etwas Selbstverständliches, längst Bekanntes hinnehmen!
T ä g l i c h s e i s i e u n s n e u. Immer wieder möge
durch des Geistes Kraft das Evangelium von des Vaters Liebe und
des Sohnes Erlösungstat wie ein heiliges Feuer uns durchglühen.
Dann erst sind wir befähigt, die Botschaft weiter zu tragen,
die unser erhöhter Herr nun nicht den Engeln, sondern
seinen erlösten Menschenkindern aufgetragen hat: Lasset
euch versöhnen mit Gott! Christus, der Retter, ist da!
Gelobt sei Gott, gelobt sein Sohn,
Durch den er Gnad erweist!
Lobt, Engel, ihn vor seinem Thron!
Erheb ihn auch, mein Geist!
C.O.Rosenius
Siehe, ich verkündige euch große Freude1 die allem Volk
widerfahren wird. Luk. 2, 10.
Welches ist nun diese große, freudenvolle Sache, die der
Engel hier verkündigt? Antwort (Gott sei uns gnädig! Gott
öffne unseren Sinn!): Es ist dies nichts Geringeres, als daß
Gott einer unter uns, ein Mensch, unser Bruder im Fleisch
geworden ist. Was sagt die Schrift? ,,Weil sie alle von
einem kommen, beide, der da heiligt und die da geheiligt
werden, darum schämt Er sich auch nicht, sie Brüder zu
heiß en." Wer ist derjenige, ,,der da heiligt"? Gott, der
Heilige, Hohe und Hochgelobte. Wer sind diejenigen, ,,die da
geheiligt werden"? Die Menschen, die gefallenen Menschen.
Und sie kommen alle von einem. Was bedeutet das? Sie sind
beide von einer Natur, von einem Geschlecht; Gott und wir
sind beide Mitglieder des Menschengeschlechts; Gott ist
Mensch, wir sind Menschen. ,,Darum schämt Er sich auch
nicht, sie Brüder zu heißen," da sie wirklich Brüder sind,
die dem Fleische nach von demselben Stammvater herkommen.
Darum denkt Christus: ,,Warum sollte Ich Mich schämen, sie
Brüder zu heißen? Sie sind Menschen wie Ich, und Ich bin
Mensch wie sie." So zeigte Er auch mit der Tat, daß Er sich
vor niemandem, weder vor Seinem himmlischen Vater noch vor
einem Menschen schämte, sie Brüder zu heißen. Das eine Mal
sprach Er zu Seinem Vater: ,,Ich will Deinen Namen predigen
Meinen Brüdern," das andere Mal zu Maria Magdalena: ,,Gehe
hin zu Meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu Meinem
Vater und zu eurem Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott;"
das dritte Mal sagte Er dann vor der ganzen Welt: ,,Was ihr
getan habt einem unter diesen Meinen geringsten Brüdern, das
habt ihr Mir getan."
Laßt uns nun bedenken: Es ist eine göttliche Wahrheit,
daß Gottes Sohn unser Bruder geworden ist. Es ist nicht
nur ein freundlicher und liebevoller Titel, sondern eine
Wirklichkeit, die sich darauf gründet, daß wir alle von einem
kommen. Wenn wir dies recht glauben und bedenken könnten,
würden wir wohl außer uns vor Freude und Verwunderung sein,
ja, wohl kaum noch leben können. Wir müssen einräumen, daß
unsere Herzen durch den Fall Adams schrecklich verderbt,
steintot, eiskalt, verstockt, verschlossen und mit einer
dicken, dicken Finsternis des Unglaubens umhüllt sind, da wir
uns so wenig freuen und Gott so wenig lieben und preisen.
Wir sollten uns sehnen, zu Gott zu kommen und ängstlich
rufen: Wann, wann wird die schwere, unerträgliche Decke, die
die Herrlichkeit Gottes so verbirgt, weggenommen werden? Wer
wird mich erretten von dem Leibe dieses Todes?
Aber noch mehr! Wenn jemand nach der eigentlichen Ursache
und nach dem eigentlichen Zweck fragt, weshalb Gottes Sohn
ein Mensch werden und die Natur der verlorenen Kinder
annehmen sollte, dann redet die Schrift in der tröstlichsten
Weise davon: ,,Nachdem die Kinder Fleisch und Blut haben, ist
Er dessen gleichermaßen teilhaftig geworden, auf daß Er durch
den Tod die Macht nähme dem, der des Todes Gewalt hatte, das
ist, dem Teufel, und erlöste die, so durch Furcht des Todes
im ganzen Leben Knechte sein mußten." ,,Daher mußte Er
in allen Dingen Seinen Brüdern gleich werden, auf daß Er
barmherzig würde und ein treuer Hoherpriester vor Gott, zu
versöhnen die Sünden des Volks." Sieh hier! Er sollte darum
gleich den verlorenen Kindern Fleisch und Blut haben, auf daß
Er durch den Tod die Macht nähme dem, der des Todes Gewalt
hatte, dem Teufel. Er sollte die Knechte des Todes erlösen,
die Sünden des Volkes versöhnen, und barmherzig, mild,
mitleidig und teilnehmend sein. Beachte! Menschenschulden
sollten mit Gesetz und Recht übereinstimmend mit Menschenblut
bezahlt werden. Ein Mensch sollte das büßen, was der Mensch
verbrochen hatte. ,,Darum nahm Er von des Weibes Blut, damit
machte Er die Sache gut, die Eva einst verbrochen." Darum war
die erste Verheißung Gottes auch diese: ,,Des Weibes Same
wird der Schlange den Kopf zertreten." Der Sohn Gottes mußte
darum als Mensch geboren und unter das den Menschen gegebene
Gesetz getan werden, weil Er diejenigen, die unter dem Gesetz
waren, erlösen und uns dadurch zu Kindern Gottes machen
sollte. Der Sohn Gottes mußte ein Menschenkind werden, auf
daß die Menschenkinder Gotteskinder und damit errettet
würden.
Diese Erlösung vom Gesetz durch dieses Kind hatte der Geist
Gottes schon durch den Propheten Jesaja deutlich und herrlich
vorhergesagt: ,,Du hast das Joch ihrer Last und die Rute
ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie
zur Zeit Midians: Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist
uns gegeben." Was ist dieses ,,Joch der Last" anderes als die
Sünde und das Gesetz, das uns wie eine schwere Last bedrückt
und Gal. 5 ,,das knechtische Joch" genannt wird? Was ist
,,die Rute der Schulter" und ,,der Stecken des Treibers"
anderes als das Gesetz, das gleich der Geißel eines
Zuchtmeisters oder eines Sklaventreibers uns im Gewissen
wegen unserer Sünden schlägt, treibt und plagt und uns zum
Tod verurteilt, uns dem Teufel übergibt und uns in die Hölle
stürzt? Solcher Zorn Gottes, solches gräßliche Elend ist
,,die Rute der Schulter" und ,,der Stecken des Treibers",
den unser Gideon wie zur Zeit Midians zerbrechen sollte.
Lob, Preis und Dank, Herr Jesu Christ,
Sei Dir von mir gesungen,
Daß Du mein Bruder worden bist
Und hast die Welt bezwungen.
Hilf, daß ich Deine Gütigkeit
Stets preis in dieser Gnadenzeit
Und mög' hernach dort oben
In Ewigkeit Dich loben.
J.Kroeker
Von der Reichsgottesoffenbarung im Sohn.
"Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Denn
siehe, ich verkündige euch große Freude, die dem ganzen Volk
widerfahren soll. Euch ist heute ein Retter geboren, welcher
ist Christus, der Herr in der Stadt Davids." Luk. 2,10 f.
Jesu Reichsgottesbotschaft ist göttlich-groß in ihrem
Evangelium. So unheimlich hart auch das Urteil in Jesu
Reichsgottesbotschaft ist, entsprechend groß ist die frohe
Botschaft der Erlösung, die Er uns in derselben bringt.
Jesu Evangelium ist groß genug, die ganze Welt zu umfassen.
Wir brauchen uns nur zu erinnern an die wunderbare Botschaft
des Engels von Bethlehem: "Ich verkündige euch große Freude,
die dem ganzen Volk widerfahren soll. Euch ist heute der
Retter geboren." Gewiss war dieses Wort zunächst an Hirten
gerichtet, die dem jüdischen Volke angehörten. Die Botschaft
wies aber weit über die Grenzen dieses Volkes hinaus. Das
sagt uns Jesus in seinem ganz großen Wort an Nikodemus: "Also
hat Gott die Welt geliebt, dass Er seinen eingeborenen Sohn
gab, auf dass alle, die an Ihn glauben, nicht verloren gehen,
sondern das ewige Leben haben." Hier handelt es sich nicht
etwa nur um ein Volk, es handelt sich um die Welt. Sie wird
von der Liebe umfasst, die im Gesalbten Fleisch geworden ist,
um ihr zur Rettung zu werden. Denn dieses Evangelium umfasst
auch die ganze Schwere unseres Falles. Es könnte jemand
sagen: "Gewiss, Gott hat die Welt geliebt. Mein Fall jedoch
in dieser Welt ist so groß und schwer, dass ich damit nicht
rechnen darf, durch die Kraft dieser Botschaft erlöst
zu werden." Gewiss, unser Fall ist tief. Es wäre eine
unverantwortliche Selbsttäuschung, wollten wir uns über die
ungeheure Schwere und Tiefe unseres Falles hinwegtäuschen.
Die Hoffnung auf Errettung kommt jedoch nicht von uns her,
sie tritt in unser Leben von der Liebe her, die in ihrer
Kraft stärker ist als unser Tod.
Jesus in seinem Wort und Dienst hat doch bewiesen, dass das
Evangelium seiner Reichsgottesbotschaft nicht halt macht vor
einer Sünderin zu seinen Füßen. Andere wiesen zwar auf die
Frau hin und sprachen: "Wäre Er ein Prophet, so wüsste Er,
was für eine Frau das ist." Ja, auch Jesus wusste, wer in
der Schwere ihres Falles und in der Tiefe ihrer Ohnmacht
zu seinen Füßen lag. Aber die Welt, die Er in dieses
zerbrochene und verlorene Leben hineinzutragen hatte, war
größer als der Tod, der sich in der Frau auswirkte. Denn das
Evangelium, das Er zu bringen hat, fragt nicht nach dem, was
wir zunächst in der Schwere unseres Falles sind, sondern was
Er auf Grund der Vergebung aus uns wird machen können.