Mk 14,19
D.Rappard
Die Jünger sagten einer nach dem andern: Bin ich's?
und der andere: Bin ich's?
Mark. 14,19.
Unser Textwort versetzt uns in die feierliche Stunde, da
Jesus das letzte Mahl hält mit seinen Jüngern und dabei
die tiefernste Ankündigung macht: ,,Einer von euch wird mich
verraten." Die bestürzte Entgegnung der Apostel ist ein Zeichen
der Echtheit ihrer Gesinnung. Sie fragen nicht: ,,Ist's dieser?
Ist's jener?" Nein; ein jeder fragt: ,,Bin ich's?" - Das ist
wahrer Christen Art, und mag ein Spiegel sein, darin wir uns
prüfen.
Wir haben vielleicht eine ernste Predigt gehört über den
Mangel an Liebe, der auch in der Gemeinde Jesu oft fühlbar
ist. Regt sich da im Herzen die Frage: B i n i c h's?
Liebe ich? Oder suchen wir den Fehler anderswo?
Es wird geklagt über die Lauheit und Weltförmigkeit der
Christenheit. Klingt's da in uns: B i n i c h's? Oder erhebt sich
der Pharisäersinn, der spricht: Ich danke Dir Gott, daß ich
nicht bin wie andere Leute?
Die wahren Heiligen wissen nicht, daß sie es sind. Sie
kennen ihr von Natur so tückisches Herz. Sie wissen, daß
sie zu allem Bösen fähig sind. Die Demut, die sich in der
Frage: B i n i c h's? offenbart, treibt sie in die stete Nähe
d e s s e n, der sie siegreich und herrlich bewahren kann.
Herr Jesu, weil ich so schwach bin, weiß ich, daß
ich leicht fallen könnte. Aber weil Du so stark
bist, vertraue ich, daß Du mich halten wirst.