Mk 10,38
S.Keller
Mark. 10, 38: «... Ihr wisset nicht, was ihr bittet.»
Wie oft mag das im Himmel so über unser Gebet gelautet haben!
Uns schien es wichtig für uns oder andere zu sein, ja das
einzig Richtige, und darum legten wir unser ganzes Herz in
solch ein Gebet hinein. Es kam uns vor, als hätten wir jetzt
des Herrn Willen erkannt in diesem Punkt, und wir teilten mit
vielen Brüdern die Bitte um solche Erhörung. Merkwürdig war
es und für manche schier unerträglich, wenn man an solcher
Stelle vielleicht ganz klar das Gegenteil erlebte, als wollte
der Herr uns allen die Lehre geben: Ihr wisset nicht, was ihr
bittet. Soll uns eine solche Erfahrung zur Unlust am Gebet
verleiten? Nein, sie demütigt uns an einer ganz anderen
Stelle: also so blind warst du über Gottes Willen! Weißt
du noch immer nicht, wohin die Reise geht? Jener erbetene
Sieg wäre eine Stärkung des alten Menschen gewesen; ein
Überwuchern des frommen Fleisches wäre die nächste Folge
davon geworden. Und so erfahren wir durch Gebetserhörungen
und Gebetsversagungen, durch Schlagen oder Segnen, immer mehr
von Gottes Absicht. Innerhalb der Schranken eines Willens
ist Raum genug zum Beten; wozu die Schranken überklettern und
niederbeten wollen!
Du weißt, Herr Jesu, was wir beten sollen. Nun bitten wir
dich, laß uns dir nah kommen, daß wir die gleiche Richtung
bekommen wie du! Was dir wichtig ist, soll es uns auch
werden. Gib uns den Geist, der uns leitet und lehrt, wie
wir beten sollen! Amen.