Mk 9,9
J.Kroeker
Von der Mission der Kirche Christi.
"Da sie aber vom Berge herabgingen, verbot ihnen Jesus,
dass sie niemand sagen sollten, was sie gesehen hatten, bis
des Menschensohn auferstünde von den Toten." Mark. 9,9.
Tief Erlebtes drängt immer zur Mitteilung, Empfangenes zur
Geburt, mit der Seele Erschautes zur Fleischwerdung im Wort.
Nie ist daher von jemandem Großes, Heiliges, Göttliches
erlebt worden, der nicht nachher forschend durch die Mitte
seiner Brüder ging, um einer geistesverwandten Seele das
Erlebte mitzuteilen. Wie freute man sich, wenn man vielfach
nach langem Suchen und Fühlen endlich in der Seele eines
Bruders jenen entsprechenden Resonanzboden und jenes
geistliche Verständnis fand, wo man wagen durfte, das, was
bisher nur uns und Gott bewusst war, auch dem Nächsten
mitteilen zu können. Ein in der Welt mit Gott allein
erlebtes Weh wurde zu einem halben Weh, wenn wir es erst
mit einer Priesterseele zu teilen vermochten, die uns nicht
bemitleidete und belehrte, sondern die rein und heilig
mitlitt und mitweinte. Ein mit Gott allein erlebter Segen
wurde zum doppelten Segen, wenn wir im Nächsten einen Freund
fanden, in dem unsere Freude eine reine Mit-Freude auszulösen
vermochte.
Auch die drei Jünger hätten gern ihren unten am Berge
wartenden Weg- und Kampfgenossen von dem Großen erzählt, das
sie soeben mit ihrem Meister auf dem Berge erlebt hatten.
Übertraf es doch alles, was bisher von ihnen an der Seite
Jesu gehört und gesehen worden war. Jesus jedoch hieß seine
Jünger schweigen.
Lange nicht alles, was dir durch die Gemeinschaft mit dem
Vater und dem Sohne anvertraut werden konnte, gehört in die
Welt. Sie zertritt ohne Gewissensskrupel zunächst deine
köstlichsten Perlen, weil sie ihren Wert nicht erkennt. Das
Heiligste deiner Seele sagt ihr nichts, weil ihre
Geistesrichtung und ihr Geschmack nur das beurteilen können,
was diesseitig und vergänglich ist. Liefere daher deine
heiligsten Seelenerlebnisse nicht aus an unheilige Hände.
Bleibe auch mit dem, das Gott dich erleben ließ, in der
Zucht des Geistes und in den Grenzen, die Er dir zieht.
Denke an Simson! Als er das Geheimnis seiner Kraft verraten
hatte, da wurden ihm seine Locken geschoren. Man suchte
vergeblich nach seiner verborgenen Kraftquelle, bis er
sie selbst verriet. Wie Gott selbst, so sind auch unsere
tiefsten Lebensquellen und heiligsten Güter von der Wolke
umhüllt. Die Welt sieht wohl Wirkungen, aber die Ursachen
bleiben ihrem Blick verborgen. Sie ist unfähig, Heiliges in
seinem wahren Wert und Wesen zu verstehen und heilig mit dem
Heiligen umzugehen. Daher halte mit dem Empfangenen zurück,
bis die Stunde gekommen ist, wo du es zur Glaubensstärkung
anderer mitteilen darfst.