Mk 6,21
C.Eichhorn
Das Scheinglück der Gottlosen
Herodes gab auf seinen Jahrestag ein Mahl den Obersten und
Hauptleuten und Vornehmsten in Galiläa. Mark. 6, 21
Herodes war scheinbar glücklich. Er hatte, was sein Herz
begehrte. Da entbrannte er gegen die Gemahlin seines eigenen
Bruders in böser Leidenschaft. Das verbrecherische Vorhaben
gelang, und Herodias kam in seinen Besitz. Das großartige
Fest am Jahrestag zeigt ihn uns als gefeierten Mittelpunkt
einer glänzenden Gesellschaft. Da ging's hoch her und lustig
zu. Doch wer tiefer blickt, vor dessen Augen zerrinnt der
trügerische Schein. Niemals gibt es ein Glück in der
Gottesferne. "Der Gottlose hat keinen Frieden", kein wahres
inneres Wohlsein. Man sieht die Gottlosen in ausgelassener
Freude. Doch in der Tiefe ihrer Seele lagern düstre
Schatten. Sie trinken aus einem Taumelkelch. Ihr Lachen ist
toll, und ihre Freude schafft nichts als zunehmende Verödung
der Seele. Sie leben in einem glänzenden Elend. Jeder
Schritt vorwärts im weltlichen Glück bedeutet einen Schritt
tiefer hinein ins Verderben und näher zum Untergang. Jedes
Gelingen sündlicher Anschläge häuft den Zorn Gottes über
ihrem Haupt, der einst furchtbar sich entladen wird.
Sie mästen sich, wie der Apostel Jakobus sagt, auf den
Schlachttag. Der Ruchlosen Glück tötet sie, und was die
Unverständigen gelüstet, bringt sie um (Spr. 1, 32). -
Herodes, ein König und dennoch ein armseliger Sklave der
Wollust! Die Fleischeslust aber nimmt dem Menschen alles
Edle, was er etwa noch an sich hat. Durch sie verroht,
verwildert, vertiert er. Dieser Mann herrschte über ein
Volk. Aber die Herrschaft über sich selbst hatte er
verloren. Wie haltlos ist doch der Mensch ohne Gott! -
Der festliche Höhepunkt im Leben des Herodes bedeutete in
Wirklichkeit einen traurigen Wendepunkt. Zuvor war er immer
noch für etwas Besseres empfänglich. Er "fürchtete" den
Täufer Johannes. Denn er spürte etwas von seinem reinen,
heiligen Wesen. Herodias hingegen haßte ihn und sah in ihm
nur einen Störer ihres Glücks. In ihr waren alle besseren
Regungen ganz erloschen. Nun aber trat auch für Herodes ein
Wendepunkt ein. Er tat etwas, wovon er überzeugt war, daß es
nicht recht sei. Er willigte ein in das größte Verbrechen,
was es gibt, und das ist die Beseitigung eines geheiligten
Gottesmannes. Die Stimme des Gewissens, die ihn warnte,
wurde erstickt durch die Rücksicht auf die Anwesenden, in
deren Augen er nicht als charakterlos dastehen wollte. Durch
den Befehl zur Hinrichtung Johannes des Täufers hat sich
Herodes selbst den Hals gebrochen. Von da an sank er immer
tiefer. Sein Gewissen verstummte mehr und mehr. Als er
nachher mit Jesu in persönliche Berührung kam, empfand er
nichts von der sittlichen Hoheit des Heilandes. Nur
armselige Schaulust machte ihm den Heiland interessant,
und als sie nicht befriedigt wurde, verspottete er ihn. -
Beneide den Gottlosen niemals um sein Glück! Bedaure ihn
lieber!