Mk 2,5
S.Keller
Mark. 2, 5: «... Da aber Jesus ihren Glauben sah ...»
Kann man denn Glauben sehen? Jesus sah ihn schon, ehe sie
eine Tat des Glaubens ausführten, weil er in Menschenherzen
lesen kann. Aber in dem Augenblick, als die Träger die
platten Fliesen des Daches wegrissen, konnte jedermann ihren
Glauben sehen. Da war eine Anstrengung, eine Tätigkeit, die
nur vom Glauben bewirkt sein konnte. Schau in dein Leben: wo
ist da solch ein Schritt offenbar geworden, der ohne Glauben
ganz unerklärlich und auch nie geschehen wäre. Gibt es keine
Entscheidung, keine Wahl, keine Selbstverleugnung, die
sich im letzten Grunde nur durch das heimliche drängende
Glaubensleben erklären läßt? Dann dürfte dein Einfluß auf
andere Menschen in religiöser Hinsicht recht ärmlich und
schwächlich bleiben; denn das Beispiel zieht stärker als alle
Reden. Etwas anderes ist, ob Jesus deinen Glauben sieht.
Ist das in deinem Innenleben die eine heimliche gesunde
Seite, daß er deinen Glauben anerkennt, dann sei stille!
Dann wird schon die Überfülle und der Überschwang des
heimlichen Erlebens sich Bahn brechen, und dein Leben wird
Zeugnis ablegen davon, daß Jesus deinen Glauben sah!
Lieber Herr, ich bitte dich, stärke meinen Glauben, daß er
eine wirkliche Kraft und einen starken Trieb bekomme. Du
bist mein Zeuge! Der du ins Verborgene siehst - hilf mir zum
Leben aus Glauben öffentlich! Amen.
J.Kroeker
Von der Reichsgottesoffenbarung im Sohn.
"Als aber Jesus ihren Glauben sah, sprach Er zu dem
Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!"
Mark. 2,5.
Als Jesus, ergriffen von dem Glauben der Leute, zu dem Gicht-
brüchigen sagte: "Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!"
- so empfanden das die anwesenden Schriftgelehrten als eine
Gotteslästerung. Selbst die später erfolgte wunderbare
Heilung dieses Kranken räumte nicht diesen unbesiegbaren
Anstoß aus ihrem Herzen hinweg. Ihre Welt war eine andere
als die, in welcher Jesus lebte. Jesus wollte die Quelle
alles Übels, die Wurzel alles Verderbens aufdecken und
den Menschen nicht nur von einzelnen Folgen seines Elends,
sondern von dem Elend selbst erlösen. Es handelte sich
Ihm in seinem Heilandswirken nicht nur um die Beseitigung
bestimmter Übel, sondern um die Erneuerung des inneren
Zustandes. Sein Reich sollte den Menschen nicht nur einiges
Neue bringen, sondern in erster Linie den Menschen selbst
neu machen.
Das war nicht die Welt der Schriftgelehrten und Pharisäer.
Ihr Gott war weltfern und rein zukünftig. Ihre Welt trug
nichts Ewiges in sich und kannte nichts von einer göttlichen
Gegenwart, die sich in unbegrenzter Sündenvergebung und in
schöpferischer Erneuerung in seufzenden Menschen auszuwirken
vermag. Daher konnten die Schriftgelehrten auch nie die
göttlichen Sendboten einer Sündenvergebung sein, wie Jesus
sie verkündigte. Sie trugen nichts Neues in sich, darum
konnten sie ihrem leidenden Volke nichts Neues künden. Ihr
Gott war durch das Gesetz gebunden und ging im Gesetze auf
und wusste sich daher nur im größten Gegensatz zum Menschen.
Vergeblich suchte der Fromme den Gegensatz zwischen sich und
Gott zu überbrücken. Er fand nicht den Weg zurück zu Gott.
Und ob ihm tausend Mittel und tausend Wege genannt wurden, er
kam nicht mit dem Gott zusammen, der ihn zu erlösen wusste.
In Jesus jedoch zeltete die Herrlichkeit Gottes. In Ihm
war sie gegenwärtig den Schuldbeladenen und den nach
Gerechtigkeit Dürstenden und Hungernden. Nur für die Satten
hatte Er kein Brot, für die Gesunden keine Arzneien und für
die Selbstgerechten keine Vergebung. Seine göttliche Sendung
galt den Armen im Geist, den Ausgestoßenen im Hause Israel,
den Mühseligen und Beladenen unter dem auserwählten Volk, den
Verlorenen unter den neunundneunzig Gerechten. Für sie hatte
Er eine Kunde, die Evangelium war: Eine Gnade, die vergab,
ein Leben, das freimachte, ein Joch, das beglückte, ein
Gottesreich, das nicht mehr untergehen sollte, einen Frieden,
den niemand nehmen konnte, eine Zukunft, die das Vollendete
bringen würde.