Mt 27,14
C.H.Spurgeon
,,Und Er antwortete ihm nicht auf ein Wort."
Mt. 27, 14.
Nie war Er sparsam gewesen mit Worten, wenn es galt, die
Menschenkinder zu segnen; für sich selber hat Er aber auch kein
einziges Wort geredet. ,,Es hat nie ein Mensch also geredet wie
dieser Mensch," und kein Mensch war schweigsam wie Er. War
dieses merkwürdige Schweigen ein Zeichen seiner vollkommenen
Selbstaufopferung? Bewies es etwa, daß Er auch nicht ein
einziges Wort wollte aufwenden, um den Mord seiner heiligen
Person aufzuhalten, die Er dargegeben hatte zum Opfer für unsre
Sünden? Hatte Er sich so ganz und gar ergeben, daß Er auch nicht
im geringsten etwas für sich mochte tun, oder geschehen lassen,
sondern sich wollte binden und hinschlachten lassen als ein
Lamm, das den Mund nicht auftut noch zuckt vor seinem Peiniger?
Oder war dies Schweigen ein Zeichen der Unentschuldbarkeit der
Sünde? Nichts kann zur Beschönigung oder Entschuldigung der
Sünde der Menschen gesagt werden; und darum stand Er, der ihre
ganze Last zu tragen hatte, sprachlos vor seinem Richter. Ist
nicht geduldiges Schweigen die beste Antwort auf die Anklagen
der Welt? Ruhiges Dulden widerlegt manche Beschuldigungen
beredter als die erhabenste Rede. Die besten Verteidiger des
Christentums waren in seinen ersten Tagen seine Blutzeugen. Der
Amboß zerbricht viele Hämmer nur dadurch, daß er geduldig ihre
Schläge erträgt. Hat uns nicht das schweigsame Lamm Gottes ein
erhabenes Beispiel der Weisheit gegeben? Wo jedes Wort neue
Gotteslästerungen hervorrief, gebot die Pflicht, der sündlichen
Flamme keinen neuen Nahrungsstoff zu bieten. Die Doppelzüngigen
und die Falschen, die Unwürdigen und Niederträchtigen
widersprechen und beschämen sich bald, und darum darf's der
Wahrhaftige darauf ankommen lassen, und darf ruhig bleiben, und
er erfährt, daß Schweigen Weisheit ist. Augenscheinlich hat unser
Herr durch sein Schweigen auch zur merkwürdigen Erfüllung der
Weissagungen beigetragen. Eine lange Verteidigung seiner selbst
wäre im Widerspruch gewesen mit der Verkündigung Jehovahs: ,,Er
ist wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführet wird, wie ein
Schaf, das verstummet vor seinem Scherer, und seinen Mund nicht
auftut." Durch seine Ruhe bewies Er sich überzeugend als das
wahrhafte Lamm Gottes. Sei bei uns, o Jesu, und laß uns in der
Stille unsres Herzens die Stimme Deiner Liebe vernehmen.