Mt 26,41
A.Christlieb
Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet.
Matth. 26, 41
Wenn Jünger Jesu einen tiefen Fall tun, hat das immer eine
Vorgeschichte. Das lehrt uns auch die Verleugnung des
Petrus. - Da war zunächst sein Selbstvertrauen und die
Überschätzung der eigenen Kraft. Jesus sagt: ,,In dieser
Nacht werdet ihr euch alle an mir ärgern." Petrus antwortet:
,,Ob alle anderen - ich niemals!" Petrus war nicht unlauter,
aber er kannte die Abgründe seines Herzens noch nicht. Er
überschätzte seine eigene Kraft. Er dachte zu hoch von sich.
Er sprach stolze Worte, während er ganz kurz vor einem
schlimmen Fall stand. - Sollte uns das nicht zu denken
geben? Wenn Kraftgefühle uns durchdringen, wenn wir der
guten Meinung von uns selber froh sind, dann ist gewiß Gefahr
im Verzug. Laßt uns klein werden und bleiben in den eigenen
Augen. So können wir bewahrt werden. - Sodann: Unmittelbar
vor der Verleugnung hat der Herr Jesus den Petrus noch
besonders aufgefordert zum Wachen und Beten. Die Worte:
,,Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?" waren
allen Jüngern gesagt, aber an Petrus direkt gerichtet (V.
40). Er hat sie vernommen, aber die Müdigkeit des Fleisches
war so groß, daß Petrus die Mahnung überhörte. - Auch wir
geraten vielfach dadurch zu Fall, daß wir den zarten Winken
des Geistes, das Kämmerlein aufzusuchen, ungehorsam sind.
Wenn wir nicht betend die Waffenrüstung Gottes anlegen,
findet der Feind leicht eine Blöße, und sein Pfeil kann uns
treffen. - Endlich wagte Petrus sich hinein in eine
weltliche, Jesu feindliche Umgebung. Sein eigener Vorwitz
führte ihn dorthin. - Hüten wir uns vor den gemütlichen
Plauderstündchen am Kohlenfeuer der Weltmenschen!
Gemeinschaft mit Gottesmenschen bewahrt. Gemeinschaft mit
der Welt gefährdet. - Darum: Fort mit Selbstvertrauen,
Trägheit im Gebet und weltlicher Gesellschaft! Dann bleiben
wir bewahrt!
S.Keller
Matth. 26, 41: «Wachet und betet, daß ihr nicht in
Anfechtung fallet. Der Geist ist willig, aber das Fleisch
ist schwach.»
Wäre unser Fleisch nicht der Sitz der Reizungen, Empfindungen
und Begierden, die Stelle, wo Lust und Schmerz das große Wort
führen, hätte die Anfechtung keinen Sinn und keine Gefahr.
Engel, die kein Fleisch und Blut haben, sondern nur Geist
sind, haben seit dem Augenblick, wo sie in der ersten
Versuchung sich für Gott entschieden haben, keine Versuchung
mehr zu bestehen. Wir aber stehen so lange in der
Versuchlichkeit, als uns noch ein Nerv weh tut, ein Gefühl
uns Lust bereiten kann. Wachen und Beten soll uns aufmerksam
erhalten und gegen eine Überrumpelung schützen. Wo wir uns
ganz gemütlich gehen lassen, sind wir in größerer Gefahr,
als wenn eine Stunde der Angst da ist oder Schrecken der
Hölle uns überfallen. Im dunklen Tal der Not sind weniger
Gotteshelden entgleist als im lustigen Sonnenschein des
Leichtsinns. Fleisch und Blut sind wie starke, übermütige
Pferde; der Geist ist ihr Lenker, die Zügel sind Wachen und
Beten. Dein Blick muß stets vorwärts auf den Weg und die
Pferde gerichtet sein. Die meisten Unglücksfälle kamen
daher, daß man diese Aufmerksamkeit vernachlässigte. Wer
beizeiten vorbeugt, beruhigt, zurückhält, wird siegen!
Und wenn ich achtlos würde, Herr Jesu, erinnere, warne mich
beizeiten. Du weißt, wie es in unserem Fleisch und Blut
einem zu Sinn ist. Du bist versucht wie wir und hast stets
gesiegt. Jetzt hilf mir Unbeständigem zur Stille und zur
Kraft durch deinen Geist. Amen.