Mt 26,15
A.Christlieb
Dreierlei Eingang in die Festzeit
Wir wollen drei verschiedene Jünger bei dem Eintritt in die
Leidenszeit Jesu beobachten; denn alle drei haben ihre
Nachfolger auch in unseren Tagen.
1. Wie Judas in die Passionszeit hineinging
»Was wollt ihr mir geben? Ich will ihn euch verraten«
(Matth. 26, 15).
Die Gestalt des Judas Ischarioth erfüllt uns mit einem
Grauen. In die heilige Leidenszeit Jesu trat er hinein mit
dem einzigen Gedanken: »Wie kann ich für mich einen äußeren
Profit herausschlagen?« Ein Ziel, ein Wunsch beherrschte ihn:
das war Geld und Gewinn. Er hat die Wunder Jesu miterlebt.
Er ist bei der Auferstehung des Lazarus dabeigewesen. Er hat
die himmlischen Kräfte zu spüren bekommen, die sich in Jesu
Wirksamkeit offenbarten. Aber er blieb am Gelde hängen und
kam nicht von ihm los.
Diesem Jünger gleichen Tausende in der Christenheit. Der
äußere Gewinn hat sie dermaßen geblendet, daß sie auch in die
heiligsten Stunden hineingehen mit dem Trachten nach
Besitzvermehrung und Geldgewinn. Gott bewahre uns davor, daß
wir in ihren Reihen erfunden werden!
siehe auch
2. Wie Petrus in die Passionszeit hineinging
-> Matth. 26, 35
3. Wie Thomas in die Passionszeit hinein ging
-> Joh. 11, 16
Ch.Spurgeon
"Was wollt ihr mir geben, wenn ich ihn euch verrate?"
Matthäus 26,15
Judas wartete nicht, bis der Teufel zu ihm kam, sondern er
ging dem Teufel nach. Er suchte die Hohenpriester auf und
fragte: "Was wollt ihr mir geben?"
Einer der alten Theologen hat einmal gesagt: "Dies ist nicht
die Weise, wie die Leute gewöhnlich handeln; sie nennen ihren
Preis."
Der Herr des Lebens und der Herrlichkeit wird zu des Käufers
eigenem Preis verkauft.
Was konnten sie ihm geben? Was brauchte Judas? Er brauchte
nicht Nahrung und Kleidung; er hatte es so gut wie sein
Meister und die übrigen Jünger. Er hatte alles, was er
brauchte, und doch fragte er: "Was wollt ihr mir geben?"
Ach, der Glaube mancher Leute ist auf diese eine Frage
gegründet. Sie gehen zur Kirche, wenn dort irgendwelche
Almosen verteilt werden. Aber wenn irgendwo anders mehr
zu erhalten wäre, würden sie dorthin gehen.
Einige von diesen Leuten sind nicht einmal so weise, wie
Judas es war. Ich kenne Männer, die den Herrn für fünf Mark
verkaufen würden. Es gibt sogar Bekenner, die ihn für das
kleinste Silberstück, das bei uns im Umlauf ist, verraten
würden. Sie sind versucht, den Herrn zu verleugnen, auch
wenn der Gewinn noch so gering ist.
Diese Versuchung tritt an jeden von uns heran, leugnet es
nicht! Wir lieben es alle, etwas zu gewinnen. Die Neigung
dazu liegt in jedem Menschen; aber wenn sie die Treue gegen
unseren Meister gefährdet, müssen wir sie überwinden oder
zugrunde gehen. Es gibt immer wieder Gelegenheiten, bei
denen es heißt: Gott oder Gewinn, Christus oder dreißig
Silberstücke.
Ich bitte euch, verlaßt nicht euren Meister, auch wenn die
Welt ihr Bestes bietet, wenn sie Vorteile auf Vorteile häuft
und Ruhm, Ehre und Achtung hinzufügt.