Matthäus

Mt 21,42 J.Kroeker Von der Reichsgottesoffenbarung im Sohn.

"Jesus spricht zu ihnen: Habt ihr noch nie gelesen in der Schrift: ,Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Das ist vom Herrn geschehen, und es ist wunderbar in unsern Augen?' Darum sage Ich euch: Das Königtum Gottes wird von euch genommen und einem Volke gegeben werden, das dessen Früchte bringt." Matth. 21,42 f.

Es ist unser Verhängnis, dass Jesus in unser Leben getreten ist. Wäre Er nicht mit seiner Heilsbotschaft vom Königtum Gottes in die Geschichte getreten, wir lebten nicht in den innerlichen und äußeren Konflikten, in denen wir jetzt stehen. Hätte Er nicht in Vollmacht einer höheren Welt geredet, in der die Schriftgelehrtenfrömmigkeit niemals reden konnte, dann hätten wir und die Geschichte Ruhe vor seinem Wort. Nun wurde aber in Ihm das Wort Fleisch und redete zu uns. Hinfort greift Er als das Wort unerbittlich in unser Gewissen, beleuchtet mit seinem Lichte unser Wollen und Handeln und lässt uns nicht mehr zur Ruhe kommen.

Denn hätte Jesus nicht mit seinem Licht in unsere Finsternis geleuchtet, wir würden weiter Tod Leben, Finsternis Licht, Leidenschaft Kraft, Ungerechtigkeit Gerechtigkeit nennen. Hätte Er mit seinem Erscheinen nicht ein Reich begründet, das nicht von dieser Welt ist, wir würden skrupellos über unser Leben, über unsere Zeit und über unsere Geschichte schreiben: "Lasset uns essen und fröhlich sein, denn morgen sind wir tot!"

Ich habe in der griechischen Konkordanz einmal nachgeschlagen, wie oft im Text der vier Evangelien vom "Königtum Gottes" die Rede ist. Zu meiner Überraschung fand ich, dass die Worte nicht weniger als hundertelfmal in den Evangelien wiederkehren. Als wir noch in Wernigerode unser theologisches Seminar für russische Brüder hatten, gab ich in einer Stunde denselben die Aufgabe, aus den Briefen des Apostels Paulus einmal die Stellen zu streichen, in denen der Apostel von Christus spricht. Sie könnten dann sehen, wie viel danach noch von den Briefen übrig bleibe. Ich möchte einmal nahe legen, das Königreich Gottes aus den vier Evangelien zu streichen, um zu sehen, wie viel alsdann noch von den Evangelien übrig bleiben wird. Und dieses Königtum Gottes ist in Jesus in die Geschichte getreten.

Das Königtum Gottes war mithin die Welt Jesu. Daher sprach Er in der Vollmacht und im Geiste dieses Königtums. Was Wunder, wenn uns nun seine Welt, seine Person, seine Botschaft, sein Ziel dauernd in innere Konflikte mit uns selbst und unserer Welt bringt! Und die von der Geschichte und von uns bisher durchlebten werden noch nicht die letzten sein. Jesus wird der Welt, Christus wird den Völkern noch unendlich viel zu schaffen machen! Wenn nicht heute, dann morgen, wenn nicht morgen, dann übermorgen.