Mt 11,5
Ch.Spurgeon
"Den Armen wird das Evangelium gepredigt." Matthäus 11,5
So war es zur Zeit Jesu, und so wird es mit dem Evangelium
bis zum Ende der Zeit sein. Fast jeder Betrüger, der in
dieser Welt auftrat, hat sich hauptsächlich an die Reichen
und Vornehmen gewandt, an die Mächtigen und Geachteten. Sehr
wenige fanden es der Mühe wert, in ihren Predigten darauf
hinzuweisen, daß sie für die Armen predigten. Sie
entwickelten ihre Lehren vor Fürsten, sie suchten die
Schlösser der Adligen auf, um dort ihre sogenannten
Offenbarungen auszubreiten.
Unser Herr wendet sich vornehmlich zu den Armen. Es war
weise von ihm, so zu verfahren. Wenn wir ein Haus anzünden
wollten, so würden wir das Feuer unten anlegen; so macht es
auch unser Heiland. Als er eine Welt erlösen und Menschen
jedes Standes und jedes Ranges bekehren wollte, da fing er
bei den Ärmsten an, damit sich das Feuer aufwärts ausbreite;
denn er wußte, daß das, was die Armen aufnahmen, zuletzt auch
bei den Reichen Eingang finden würde.
Wenn den Armen das Evangelium gepredigt werden soll, dann
müssen wir sie aufsuchen, wo sie zu finden sind: an den
Zäunen und an den Landstraßen. Es ist nutzlos, eine
prachtvolle, prunkende Kapelle für eine auserlesene
Gesellschaft aus den höchsten Kreisen aufzubauen und dort an
die Predigt für die Armen zu denken. Sie werden sich scheuen
einzutreten und können so nicht hören. Daher muß das
Evangelium da gepredigt werden, wo die Armen auch wirklich
hinkommen; und wenn sie nicht kommen wollen, so muß man zu
ihnen gehen. Ach, daß doch Gott seinen Kindern solchen Ernst
und Eifer verleihen möchte, daß sie das Evangelium an die
Straßen und Zäune hinaustragen, um das Volk zu nötigen
hereinzukommen, bis daß das Haus voll werde!
O Gott, gib uns doch dies Kennzeichen deiner Gnade, daß den
Armen das Evangelium gepredigt wird!
Ch.Spurgeon
"Den Armen wird das Evangelium gepredigt." Matthäus 11,5
Das Evangelium muß ansprechend und überzeugend vorgestellt
werden, wenn man die Armen erreichen möchte. Wenn ich
manchmal richtige Kopfschmerzen habe, die mich nicht
schlafen lassen, so wünschte ich beinahe, diesen oder jenen
langweiligen Prediger zu hören; denn ich weiß bestimmt,
daß mich dann der Schlaf übermannen würde. Es ist nicht
wahrscheinlich, daß die Armen solchen Predigern nachgehen.
Gewählte Ausdrücke, hochtrabende Gelehrtensprache werden sie
nicht verstehen können. Sie müssen etwas haben, das ihrem
Bedürfnis angemessen ist. Wir müssen predigen, wie der Herr
Jesus predigte; wir müssen uns hinabbeugen und das Evangelium
verständlich predigen.
Der Grund, warum die alten Puritaner so große Menschenmengen
zusammenbrachten, war der: Sie boten ihren Zuhörern nicht
trockene Theologie an, sondern erläuterten das Evangelium
mit Beispielen.
Der Herr Jesus war ein guter Prediger; er versuchte vor
allem, die köstliche Perle in eine goldene Fassung zu
bringen, damit sie die Aufmerksamkeit der Zuhörer fesselte.
Er begehrte nicht, in eine Hauptkirche zu gehen und einer
unübersehbaren Versammlung von dreizehn Personen zu predigen
wie unsere lieben Brüder in großen Städten, sondern er
predigte in einer solch gewaltigen Weise, so daß die Räume
meist zu klein für die Menschenmassen waren. Ich glaube,
daß nur dann den Armen das Evangelium gepredigt wird,
wenn man den Heiland zum Vorbild eines Predigers nimmt.
Wir wollen für unseren Herrn Jesus gern zum "Hanswurst"
werden; und solange wir feststellen, daß durch solche
Predigten Glauben geweckt wird und Seelen errettet werden,
wollen wir unseren verachteten Pfad nicht verlassen.