Mt 10,16
C.Eichhorn
Klugheit ohne Falsch
Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben!
Matth. 10, 16
Sobald Menschen sich bekehren, kommen sie in Konflikt mit
der Welt um sich her. Denn sie können nicht mehr mittun,
sie müssen anders leben und handeln, und das nimmt man ihnen
sehr übel. Sie stoßen an. Es gibt Schwierigkeiten. Die Welt
will sich nicht nach uns und wir dürfen uns nicht nach ihr
richten. Bekehrte Geschäftsleute und Handwerker können so
mancherlei Unredlichkeiten, die im Betrieb gang und gäbe
sind, nicht mehr mitmachen. Angestellte müssen
gewissenshalber manche Zumutungen zurückweisen.
Angestellte können nicht, wenn unbequeme Besuche kommen,
auf Befehl lügen oder die Anwesenheit der Vorgesetzten
ableugnen. Die feindselige Welt lauert auf die Jünger Jesu,
sich auf sie loszustürzen. Sie sind wie Schafe mitten unter
den Wölfen. Darum schärft Jesus Klugheit ein. Sie sollen
nicht durch ungeschicktes Benehmen Angriffe herausfordern und
nicht durch unzeitiges Vorgehen Konflikte heraufbeschwören.
Es gilt in heiklen Fällen die Dinge richtig anfassen, doch
nie mit weltlicher, sondern mit heiliger Klugheit, die von
oben stammt. Da heißt es bitten um das rechte Wort zur
rechten Zeit und um das rechte, taktvolle Verhalten. - "Seid
ohne Falsch wie die Tauben!", also ja nicht verschmitzt und
verschlagen wie Advokaten und Diplomaten. Die unlautere,
weltliche Klugheit schlüpft geschickt durch, manövriert und
laviert, biegt aus und paßt sich an. Da werden Zusammenstöße
vermieden, aber auf Kosten der Wahrheit. Äußere Konflikte
gibt's nicht, aber umso mehr innere, wenn man durch Gottes
Gnade ein zartes Gewissen empfangen hat. Ein solches
Gewissen protestiert und kann sich nicht beruhigen, wenn man
den Herrn verleugnet und sich der Welt gleichgestellt hat,
nur um Schwierigkeiten zu vermeiden. Unter allen Umständen
müssen wir den geraden Weg gehen, völlig lauter uns verhalten.
Kommt es dann zu Schwierigkeiten, kann Gott uns heraushelfen.
Aber niemals stelle dich auf die Seite derer, die sich durch
unlautere Mittel selbst helfen! "Solche erhascht Gott in ihrer
Klugheit." Wenn sie alles fein eingefädelt haben, so macht er
einen Schnitt hindurch. "Die Einfältigen behütet der Herr." Er
findet für sie einen Weg und einen Ausweg (Apg. 16, 35), den
keine Klugheit hätte ersinnen können. Wenn sie unter allen
Umständen tun, was das Gewissen fordert, dann läßt Gott sie
nicht stecken, und wenn sie in schwere Verlegenheiten kommen,
so sind's Gelegenheiten, seine Herrlichkeit zu offenbaren. In
jedem Fall aber gibt er ihnen ein freudiges Herz unter den
Angriffen und Schlägen, die sie um Jesu und des Gewissens
willen erdulden müssen oder, besser gesagt, dürfen. Paulus
konnte sagen: "Unser Ruhm ist dieser: das Zeugnis unseres
Gewissens, daß wir in Einfalt und göttlicher Lauterkeit, nicht
in fleischlicher Weisheit, sondern in der Gnade Gottes auf der
Welt gewandelt haben" (2. Kor. 1, 12). Das ist
Schlangenklugheit und Taubeneinfalt in Jesu Sinn.
O.Stockmayer
"Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben."
Matthäus 10,16
Der Herr Jesus hat seinen Jüngern anbefohlen, mit Taubeneinfalt
die Schlangenklugheit zu verbinden. Es gibt falsche, und es
gibt kluge Menschen; aber Taubeneinfalt u n d Schlangenklugheit
kann man nur anwenden, wenn man unter der Leitung Gottes steht.
Da fürchtet man sich nicht vor Schlangenklugheit, sondern man
ist klug und doch einfältig zugleich.
D.H.Müller
"Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.
Hütet euch aber vor den Menschen!" Matthäus 10, 16.17
Die Welt ist ein Feind Gottes und seiner Kinder, sie muß
Werkzeug des Teufels sein, den Frommen alles Leid antun.
Niemand, der Gott fürchtet, kann ohne Feinde sein, er wird
alle Gottlosen gegen sich haben, die ihn heimlich und
öffentlich anfeinden, neiden, hassen: Wäret ihr von der Welt,
so hätte die Welt das Ihrige lieb, da ich euch aber von der
Welt erwählt habe, haßt euch die Welt, Joh 15,19. Wo keine
Gleichheit ist, da kann auch keine Liebe sein, denn Gleichheit
ist Grund und Ursprung der Liebe.
Dieses Glück hat Christus seinen Freunden vorhergesagt:
Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe, Matth
10,16.
Der Wolf hat eine natürliche Feindschaft gegen die Schafe, und
kann nicht besser gesättigt werden, als wenn er das Fleisch der
Schafe frißt. Ein solches Herz und eine solche Liebe haben
auch die Gottlosen gegen die Frommen. Was will man aber davon
sagen, daß oft derjenige im Herzen der bitterste Feind ist, der
auf der Zunge lauter Zucker und Honig führt, und mit dem Mund
nichts als Liebe und Freundschaft verspricht? So mancher hat
einen heimlichen Feind, davor er sich nicht zu hüten weiß? Wir
dürfen nicht glauben, daß ein Christ in dieser Welt auf Rosen
gehe, er hat den Teufel und die Welt zu Feinden. Hier muß
Gottes Liebe das Beste tun mit ihrem Schutz. Und das tut sie
auch.
W.MacDonald
»So seid nun klug wie die Schlangen und einfältig wie die
Tauben.« Matthäus 10,16
Ein wichtiger Bestandteil praktischer Weisheit ist es,
taktvoll zu sein. Ein Christ sollte solchen Takt lernen.
Das heißt, daß er feinfühlig, sensibel dafür werden soll, was
man tun oder sagen kann, um Beleidigungen zu vermeiden und
gute Beziehungen zu festigen. Ein taktvoller Mensch versetzt
sich in die Lage des anderen und fragt sich: »Wie hätte ich
selbst es gerne, wenn mir dies oder jenes gesagt oder getan
werden müßte?« Er versucht, diplomatisch, rücksichtsvoll,
gütig und einsichtig zu sein.
Leider hat der christliche Glaube auch eine ganze Reihe
von taktlosen Anhängern. Ein klassisches Beispiel dafür
ist die Geschichte eines christlichen Friseurs. Als ein
unglücklicher Kunde eines Tages den Laden betrat und rasiert
werden wollte, ließ der Friseur ihn Platz nehmen, band ihm
das übliche weiße Tuch um den Hals und kippte den Sessel
nach hinten. Jetzt konnte der Kunde an der Decke deutlich
eine große Schrift lesen : »Wo werden Sie die Ewigkeit
verbringen?« Darauf seifte der Friseur das Gesicht des
Mannes großzügig ein, und als er anfing, das Rasiermesser am
Lederriemen zu schärfen, begann er auch sein evangelistisches
Zeugnis mit der Frage: »Nun, sind Sie bereit dazu, Ihrem Gott
zu begegnen?« Der Kunde schoß in die Höhe, sprang aus dem
Sessel und rannte hinaus, mit Tuch, dem Rasierschaum und
allem Drum und Dran, und man hat nie wieder etwas von ihm
gehört.
Da gab es auch noch einen sehr eifrigen Studenten, der eines
Abends ausging, um persönliche Evangelisationsarbeit zu
leisten. Er ging eine dunkle Straße entlang und sah vor
sich eine junge Dame im Schatten. Als er versuchte, sie
einzuholen, beschleunigte sie ihre Schritte. Er ließ jedoch
nicht locker und eilte hinter ihr her. Als sie ihr Tempo
steigerte, tat er das gleiche. Endlich lief sie ängstlich
in die Toreinfahrt eines Hauses und fing an, fieberhaft in
ihrer Handtasche nach dem Schlüssel zu suchen. Auch er bog im
Laufschritt in die Einfahrt ein, und jetzt war die Frau schon
vor Angst wie gelähmt, so daß sie nicht einmal mehr schreien
konnte. Er aber überreichte ihr lächelnd eine christliche
Broschüre und drehte sich um, glücklich, daß er nun wieder
einen Sünder mit dem Evangelium erreicht hatte.
Großes Taktgefühl braucht man auch bei Krankenbesuchen. Es
ist wenig hilfreich, wenn man sagt: »Ach, Sie sehen aber
wirklich krank aus! « Oder: »Ich hab jemanden gekannt, der
hatte dasselbe wie Sie, und der ist daran gestorben! « Wer
kann wohl diese Art von Trost gebrauchen?
Und noch taktvoller sollten wir sein, wenn wir Besuch in
einem Trauerhaus machen. Da sollten wir nicht wie der
Texaner sein, der zu der Witwe eines ermordeten Politikers
nur sagte: »Nein, wenn man denkt, daß das auch ausgerechnet
in Texas passieren mußte! «
Gott segne jene ausgezeichneten Heiligen, die anscheinend
immer wissen, welches gütige und richtige Wort im jeweiligen
Augenblick angebracht ist. Und Gott möge uns allen
beibringen, wie wir taktvoll werden können, anstatt uns
taktlos und tolpatschig zu benehmen.