Mt 9,13
W.MacDonald
»Gehet aber hin undlernet was das ist: 'Ich will
Barmherzigkeit und nicht Schlachtopfer'.« Matthäus 9,13
Gott liegt viel mehr daran, wie wir andere Menschen
behandeln, als wievielen religiösen Zeremonien wir uns
unterziehen. Er zieht Barmherzigkeit den Schlachtopfern vor.
Er stellt Moral über Ritual. Vielleicht finden wir es
seltsam, daß Gott anscheinend keine Opfer begehrt, denn
schließlich hat Er ja das Opfersystem überhaupt erst
eingeführt. Doch besteht da kein Widerspruch. Während
es richtig ist, daß Er dem Volk gebot, Opfergaben und
Schlachtopfer zu bringen, war es doch nie Seine Absicht, daß
diese als Ersatz für Gerechtigkeit und Güte dienen sollten.
»Gerechtigkeit und Recht üben ist dem Herrn lieber als
Schlachtopfer« (Sprüche 21,3).
Die alttestamentlichen Propheten zürnten gegen die Menschen,
die alle vorgeschriebenen Riten beobachteten, aber dabei
ihren Nächsten betrogen und unterdrückten. Jesaja sagte
ihnen, daß für Gott ihre Brandopfer und Festfeiern ein Greuel
waren, solange sie die Witwen und Waisen unterdrückten
(Jesaja 10,1-17). Er sagte ihnen, daß das Fasten nach Gottes
Gedanken darin besteht, daß man seine Angestellten gerecht
behandelt, die Hungrigen speist und die Armen bekleidet
(Jesaja 58,6.7). Solange ihr Leben nicht in Ordnung wäre,
wäre es so, als ob sie als Opfer einen Hundekopf oder
Schweineblut bringen würden (Jesaja 66,3).
Amos sagte dem Volk, daß es religiöse Feste ganz sein
lassen sollte, weil Gott diese Rituale solange hassen und
verschmähen würde, bis sich das Recht einherwälzen würde wie
Wasser, und die Gerechtigkeit wie ein immerfließender Bach
(s. Amos 5,21-24). Und Micha betonte, daß Gott Realität
statt Rituale will - die Realität und Echtheit von Recht,
Gerechtigkeit, Güte und Demut (s. Micha 6,6-8).
In den Tagen unseres Herrn zogen sich die Pharisäer Seinen
Zorn zu durch ihre religiöse Heuchelei, die darin sichtbar
wurde, daß sie lange öffentliche Gebete sprachen, während sie
Witwen aus ihren Häusern vertrieben (Matthäus 23,14). Sie
achteten sorgfältig darauf, Gott den Zehnten von der Minze in
ihrem Garten zu geben, aber dies konnte niemals Gerechtigkeit
und Glauben ersetzen (Matthäus 23,23). Es ist nutzlos,
unsere Gabe zum Altar zu bringen, wenn unser Bruder zu Recht
etwas gegen uns hat (Matthäus 5,24); die Gabe wird von Gott
erst dann angenommen, wenn das Unrecht in Ordnung gebracht
ist. Unser regelmäßiger Gemeindebesuch kann niemals als
Ausgleich oder Tarnung für unehrliche Geschäftspraktiken
während der Woche herhalten. Es ist umsonst, unserer Mutter
am Muttertag eine Schachtel Pralinen zu schenken, wenn wir
sie das ganze Jahr über respektlos und gehässig behandeln.
Oder für Vater ein Hemd zum Vatertag zu kaufen, wenn wir
ihm ansonsten weder Liebe noch Respekt erweisen.
Gott läßt Sich durch Äußerlichkeiten und Rituale nicht
täuschen. Er sieht das Herz und unser alltägliches
Verhalten.