Matthäus

Mt 8,28 J.Kroeker Von unserer Erlösung.

"Und als Er jenseits des Meeres in die Landschaft der Gergesener kam, liefen Ihm zwei Besessene entgegen. Sie kamen aus den Gräbern heraus und waren sehr gefährlich, also dass niemand dieselbe Straße wandern konnte." Matth. 8,28.

Nach unserem schlichten Matthäusbericht handelte es sich bei den beiden Besessenen um einen völlig anormalen Geisteszustand. Sie sahen sich beherrscht von einem fremden Geist, bekundeten eine rätselhafte Vorliebe für das Schattenhafte und bildeten eine stete Gefahr für den Nächsten. Und nach den beiden anderen Evangelien Markus und Lukas waren sie sich selbst eine Qual und konnten durch keine menschliche Macht von ihrem Jammer erlöst werden. Ihrem Zustand stand die damalige Welt völlig ohnmächtig gegenüber. Wahrlich ein erschütterndes Bild. Ist aber das Antlitz so vieler Erscheinungen im Bilde der Gegenwartsgeschichte weniger erschütternd? Die Besessenen waren nicht sie selbst. Sie waren nur das unglückliche Opfer einer ihnen fremden Macht.

Bleiben wir jedoch einmal vor dem Leben und der Geschichte einzelner Menschen von heute stehen. Ihr Leben hat ein Antlitz gewonnen, das uns völlig fremd geworden ist. Irgend eine Idee, eine Leidenschaft, ein Ziel, eine Sünde hat sie trunken gemacht und in ihren Bann gezogen. Obgleich sie gelegentlich erkennen, wie es sie knechtet und erniedrigt, sie dem Leben entfremdet und entzieht, sie sind nicht mehr Herr ihrer selbst. Sie sehen sich gelegentlich vor Abgründe gestellt, vor denen sie schaudern, sie sind nur noch Knechte eines anderen. Wer ist dieser andere? Wie heißt sein Name? Jesus ist es nicht.

Oder denken wir an das Gesicht unserer gegenwärtigen Geschichte. Von welch einer Kriegspsychose sah eines Tages die Welt sich gepackt. Freunde von gestern standen sich plötzlich wie ärgste Feinde gegenüber. Völker, die in friedlichem Wirtschaftsverkehr gestanden, schufen sich gegenseitig eine wirtschaftliche Hölle. Gelehrte, die mit ihren Forschungen der Menschheit dienten, dienten eines Tages mit ihrer Wissenschaft nur noch den Waffen, durch welche andere Völker geknechtet werden sollten. Und als sich die Völker in ihrer gegenseitigen Bekämpfung erschöpft hatten, begannen die Revolutionen innerhalb des einzelnen Volkes.

Welch ein Geist ist das, dem auch heute noch die Maschine wertvoller ist als der Mensch; dem der Gewinn höher steht als der Bruder; dem die Börse dient, um ganze Völker zu verschachern; dem die Machtentfaltung Selbstzweck wird, wenn darob die Welt auch zugrunde geht? Wie heißt sein Name? Nach dem Lukasevangelium erhielt Jesus auf diese Frage die Antwort: "Legion! Denn es waren viele Teufel in den Menschengefahren." Ja, wie heißen alle Grabesdämonen der Gegenwart, die in den Menschen und in die Völker gefahren sind? Der Geist Jesu ist es nicht!