Mt 6,13
S.Keller
Matth. 6, 13: «Führe uns nicht in Versuchung!»
Gemeint sind hier nicht jene Erprobungen unseres Glaubens,
die notwendig zur christlichen Charakterbildung gehören,
sondern die aus besonders ernsten Gründen zugelassene
satanische Versuchung. Hier zielt alles auf Fallen und
Verzweiflung ab. Das setzt voraus eine Vorgeschichte der
Untreue von seiten des Menschen, in der er auf Gottes Wort
und Führung schon nicht mehr geachtet hatte, so daß kein
anderes Mittel blieb als solche Operation auf Leben und Tod.
Dann bedeutet diese Bitte: wir fürchten uns vor solchen
gefährlichen Stunden und versprechen, treuer zu achten auf
dein Wort. Wir wollen uns durch kleinere Mittel schon ziehen
lassen und nicht ungehorsam sein gegen das Wirken des
Heiligen Geistes. - Wenn aber doch jene dunklen Stunden
kommen, dann bitten wir: Herr, laß unseren Glauben nicht
aufhören! Erhalte du die Lebensader unserer Beziehungen mit
dir unversehrt, wie uns sonst auch geschehen mag! Daß wir
nur dann nicht irre werden an der Treue und Liebe Gottes, der
uns auch in solchen Augenblicken nicht verworfen hat, sondern
nur auf den Sieg des Glaubens über den Augenschein wartet, um
der Versuchung ein Ende zu machen!
Vater im Himmel, wir bitten dich, erbarme dich über unsere
Schwachheit und halte du uns fest in deinen treuen Händen,
daß wir in dir geborgen sind und der Arge uns nicht antasten
kann um deiner Liebe willen! Amen.
S.Keller
Matth. 6, 13: «... erlöse uns von dem Übel.»
Sprachlich hat die Fassung: erlöse uns von dem Bösen! -
bekanntlich mehr für sich. Sieht man im Übel ein
Erziehungsmittel Gottes, wird man in vielen Fällen gar nicht
so ohne weiteres den Mut haben, es wegbeten zu dürfen. Von
dem Bösen, dem Teufel, erlöst zu werden, ist immer richtig;
denn sein Eingreifen wird ja nur im äußersten Falle
zugelassen, wenn wir sonst auf Gott hören wollen. Das Übel
kann aber oft eine unerläßliche Stufe unserer Erdenschule
sein. Was würde auf vielen Irrwegen aus uns werden, wenn es
kein natürliches Übel gäbe, das uns zur Vernunft brächte!
Oder sollen wir den Gedankenumweg einschlagen, daß wir durch
Gottes Hilfe Meister des widrigen Schicksals werden sollen?
Oder ist es ein Rechnen mit unserer Schwachheit, daß wir im
Übel uns der schließlichen Abnahme des Schmerzes trösten
sollen? Merkwürdig: Jesus stellt das Übel, das die meisten
Menschen am ehesten zum Notschrei zwingt, an die letzte
Stelle der Bitten!
Herr Jesu, hier irren wir und fehlen; selbst im Gebet! Bring
uns nach Hause, wo wir keine Briefe mehr ins Vaterhaus
schreiben, sondern dich sehen von Angesicht zu Angesicht.
Amen.
D.Rappard
Und führe uns nicht in Versuchung!
Matth. 6,13.
In dieser Bitte offenbart sich ein demütiges Herz, dem
Selbstvertrauen und falsche Sicherheit fern sind. Die
Gesinnung ist an sich schon eine Schutzwehr gegen das Böse.
So werden wir ja auch ermahnt: Schaffet eure Seligkeit mit
F u r c h t und Zittern. Denn wir sind von Gefahren umringt,
und das Seligwerden ist kein Kinderspiel. Es erfordert ganzen,
heiligen Ernst. Man spricht von viererlei Versuchungen.
1. Versuchung von innen. 2. Versuchung durch die arge Welt.
3. Versuchung des Satans. 4. Versuchung (Prüfung), die
Gott über uns kommen läßt.
Führe mich nicht in Versuchung! bittet der Christ, der
sich seiner eigenen Schwäche bewußt ist. Behüte mich vor den
verborgenen Netzen, die meinem Fuß gestellt sind. Handle an
mir wie ein Vater mit seinem unerfahrenen Kinde. Laß mich
nicht in Verhältnisse geraten, die mir zum Schaden gereichen
würden. - Wer also betet, muß sich aber ernstlich davor hüten,
sich selbst in versuchungsvolle Lagen zu begeben. Eltern sehen
oft mit Bangen, wie ihre Kinder sorglos lachend ihrer Wege
gehen, ohne einen Blick nach oben zu richten, ohne zu bitten:
Herr, führe Du mich! O ihr lieben jungen Christen, gebt acht
und betet, wie es euch der Heiland hier so freundlich lehrt.
Ja, führe mich an Deiner Hand auf sicherm
Wege. Bewahre mich vor meines eigenen Herzens
Torheit und vor den Versuchungen der Welt und
des Feindes. Ich vertraue Dir.
D.Rappard
Sondern erlöse uns von dem Bösen (dem Übel)!
Matth. 6,13.
Durch diese siebente und letzte Bitte des Vaterunsers tönt
es schon wie Siegesjubel. Erlösung, volle, selige Erlösung, -
danach sehnt sich das Herz und darauf richtet der
Herr unseren Sinn. Daß er uns darum bitten heißt, sei uns ein
Pfand der Erhörung. - Wir denken zuerst, im Anschluß an
die vorausgehende Bitte, an Erlösung von dem Bösen, das
uns täglich als Versuchung droht. Aus all den verborgenen
Netzen und Gefahren, von der zauberhaften Anziehungskraft
der Welt, von der Macht der Sünde und der bösen Gewohnheiten,
erlöse uns, lieber Herr und Gott!
Aber die Bitte umfaßt noch mehr. Der Herr denkt an
seinen und unseren Feind, den Fürst dieser Welt, den B ö s e n,
der seine finsteren Ketten um die Menschen schlingt und sie ferne
halten will von Gott. Der Sohn Gottes aber ist erschienen,
um die Werke des Teufels zu zerstören, und wer mit dem großen
Überwinder im Bunde steht, ist erlöst und frei. Diese Erlösung
geschieht von innen heraus durch die Macht des innewohnenden
Geistes. - Und endlich kommt der volle Triumph, wenn der
König mit seinen erlösten Scharen erscheinen wird, und die
Seinen auch ihres Leibes Erlösung erfahren werden in seiner
Herrlichkeit.
Herr, mein Erlöser, erlöse mich auch heute
von aller Macht des Bösen, daß ich wandle in
der Freiheit Deiner Kinder.
D.Rappard
Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit.
Matth. 6,13.
Wie köstlich ist hier das Bindewörtlein: Denn! Verbindet es
doch in der Tat unsere Armut und Bedürftigkeit mit Gottes
Reichtum und Allmacht. ,,Dein Reich komme!"
D e n n Dein i s t das Reich; Du kannst es offenbaren wann Du
willst. ,,Gib uns unser tägliches Brot und anderes, was wir
bedürfen!" D e n n Dein ist die Kraft es zu tun. ,,Vergib uns
unsere Schulden, bewahre uns vor der Versuchung, erlöse uns von
allem Bösen"; - d e n n Dein ist die Herrlichkeit, und Deine
Herrlichkeit muß siegen über all unser Elend und unsere
Sünde.
Wie dieses mustergültige Gebet mit einem Wort der Anbetung
anfängt, so schließt es auch damit. An einigen Stellen
der Heiligen Schrift dürfen wir als durch eine Ritze hineinschauen
in die Herrlichkeit des Himmels und einen Eindruck bekommen
von dem, was Anbetung ist. Seraphim bedecken ihr Angesicht
mit ihren Flügeln und rufen: Heilig, heilig, heilig ist
der Herr Zebaoth! Die vierundzwanzig Ältesten fallen vor ihm
nieder, werfen ihre Kronen zu seinen Füßen hin und beten an
den, der da lebet von Ewigkeit zu Ewigkeit. So kommt, laßt
uns mit ihnen knien und niederfallen und anbeten vor dem
Herrn, der uns gemacht hat.
Amen! Amen! Amen!
Dem Lamm sei Ehr!
Gott und dem Lamm sei Ehr!
D.Rappard
Amen.
Matth. 6,13.
Amen bedeutet: W a h r h a f t i g! G e w i ß! Am Schluß
eines Gebetes will es sagen: Ja, ja, es soll geschehen! So
ist es auch hier eine Bekräftigung unserer Bitten und unseres
Lobes. - Mit den Worten: Amen, Amen (Wahrlich, wahrlich)
hat der Herr Jesus manche seiner kostbarsten Zusicherungen
eingeleitet, so das gewaltige Felsenwort: Amen, Amen, ich sage
euch: Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben (Joh. 6, 47).
Alle Gottesverheißungen sind Ja und Amen in ihm (2. Kor. 1,
20). Ja, e r selbst legt sich dies Wort als Name bei: Das
sagt A m e n, der treue und wahrhaftige Zeuge (Off. 3, 14).
In der urchristlichen Kirche war es die schöne Sitte,
daß die Gemeinde dem Gebet des Redenden ihr Amen beifügte
(1. Kor. 14, 16). Auch im Alten Testament lesen wir einmal:
Und alles Volk sagte: Amen! Hallelujah! (1. Chr. 16, 36).
A m e n! H a l l e l u j a h! Wie ein seliges Echo klingen
diese zwei Worte wieder vom Thron der Herrlichkeit (Off. 19,
4) und bringen noch einen weiteren Gedanken zum Ausdruck.
Die Überwinder droben sagen ihr lobendes Amen zu allen
Wegen Gottes; die Kämpfenden auf Erden müssen in mancherlei
Trübsal lernen, es ihnen nachzusprechen. Je aufrichtiger wir
zu seinem Willen Amen sagen, desto herrlicher werden wir auf
unsere Bitten sein Amen erfahren.
Amen, Amen! In dem Namen
Meines Jesu halt ich still.
Es geschehe und ergehe
Wie und wann und was er will.
C.O.Rosenius
Führe uns nicht in Versuchung! Matth. 6, 13.
Habe ich in rechter Weise ,,Vergib uns unsere Schuld!"
gebetet und dabei den Trost erhalten, daß mir alles vergeben
ist und daß Gott jetzt mit mir um der Vermittlung Seines
geliebten Sohnes willen zufrieden ist, so muß dann
folgerichtig die erste und innigste Sorge meines Herzens
diese sein, daß ich nicht aufs neue gegen meinen gnädigen
Vater sündigen möchte. Mein Herz fängt also an zu bitten:
,,Und führe uns nicht in Versuchung! Hilf mir, O Gott, daß
ich nicht wieder gegen Dich sündige!" Wer nur der Strafe der
Sünde entgehen will und keine Besorgnis darum hat, der Sünde
selbst zu entfliehen, hat darin einen genügenden Beweis
eines falschen Geistes. Ja, es pflegt bei allen redlichen
Menschen, auch bevor sie zum Glauben gekommen sind, sogar
mehr Besorgnis um das Entgehen der Sünde als um die Vergebung
zu bestehen, so daß es auch bei Erweckten zu einem Abweg
wird, daß sie die sechste Bitte vor der fünften im Herzen
haben. Sie wollen zuerst von der Macht der Sünde befreit
werden und dann um Vergebung bitten. Dies klebt auch den
Gläubigen an, vor allem, wenn ihr Geist mehr gesetzlich als
evangelisch geworden ist, daß sie zehnmal an das Entkommen
von der Sünde denken können, ehe sie einmal an die Vergebung
denken.
Das ist nicht recht. Denn die Vergebung und das Evangelium
müssen unseres Herzens Sättigung sein, wenn wir einen reinen
Eifer und eine Siegeskraft gegen die Sünde erhalten wollen.
Aus dieser allgemein bekannten Neigung aller redlichen
Menschen erhalten wir einen desto stärkeren Beweis dafür,
welch ein falscher, schlafender und fleischlicher Geist da
wohnt, wo man sich nicht um das Freiwerden von der Sünde
kümmert. Wir sagen hier nicht, daß der redliche Sinn etwa
zur Folge habe, daß das Fleisch nicht mehr die Sünde liebt,
sondern wir reden von dem Werk des Herrn an der Seele, dem
heiligen und willigen Geist, daß ich mich vor den sündlichen
Lüsten meines eigenen Fleisches fürchte, so daß ich zu rufen
anfange: ,,Herr, hilf mir gegen die Sünde! Führe mich nicht
in Versuchung! Hilf mir gegen die Versuchung meines bösen
Fleisches sowie des Teufels und der Welt!" - Möchte jeder,
der wirklich in den Himmel zu kommen gedenkt, sich aufrichtig
vor dem Angesicht Gottes prüfen, ob er sich ernstlich vor der
Versuchung fürchtet und der Sünde entkommen will!
Der Herr sieht es, Er kennt die Heimlichkeiten der Menschen.
Er weiß, ob du dich wirklich um das Freiwerden von deiner
Sünde kümmerst, oder ob du nur der Strafe entgehen willst.
Welch eine Finsternis des Herzens, welch eine Bezauberung der
alten Schlange, wenn der Mensch den Augen des großen Gottes
gegenüber, die wie Feuerflammen sind, nicht vor Falschheit
zurückbebt, des Gottes, der das Herz erforscht und die
Nieren prüft, der ,,ein Richter der Gedanken und Sinne des
Herzens ist". Er weiß, wie du es meinst, ob du wirklich an
das Freiwerden von der Sünde denkst, oder ob du sie noch zu
behalten beabsichtigst. Darum prüfe und frage dich, wie du
vor Seinen Augen dastehst! - Was soll dein Gebet, wenn du
vor dem Herrn nicht aufrichtig bist? Dann ist es eine
Heuchelei.
Zu dieser Heuchelei gehört auch, daß man wohl vielen Sünden
entfliehen will, mit einer gewissen aber, der eigentlichen
Lieblingssünde, eine Ausnahme macht. Manche wollen äußeren
Sünden entfliehen, wie die Pharisäer taten, sich aber nicht
um des Herzens Umgang mit der Sünde kümmern oder denjenigen
Sünden entgehen, die Unannehmlichkeiten mit sich bringen.
Sie wollen dagegen aber ruhig in den Sünden leben, die uns
einen gewissen Seelengenuß und eine gewisse Kraft geben, wie
z. B. Selbstgefälligkeit und geistlicher Hochmut, Freude an
seinem geistlichen Verstand, seinen Gaben oder seinem Ernst.
Dieses vergiftete Übel streitet geradezu gegen die Gnade.
Schließlich wird mit der sechsten Bitte auch große Heuchelei
getrieben, indem man zuerst bittet: ,,Führe uns nicht in
Versuchung", hernach aber freiwillig der vorausgesehenen
Versuchung entgegengeht. Du weißt z. B., daß in der oder
jener Gesellschaft, an der oder jener Stelle, bei der oder
jener Person diese oder jene Versuchung an dich herantritt,
du gehst aber dennoch freiwillig hin und betest gar in der
Tür: ,,Führe mich nicht in Versuchung!" Das aber heißt ,,den
Herrn leichtsinnig versuchen" und wird eine gerechte Strafe
auf dich bringen, so daß du wirklich in der Versuchung fallen
mußt, - oder es ist eine Folge einer schon vorhandenen
Versuchung, die mit unwiderstehlicher Macht dich zu ihrem
Ziel führt. Aber dann weißt du, wie elend du bist, und dann
hast du eigentlich um Kraft zum äußeren Entfliehen zu bitten.
Denn hast du jetzt keine Kraft dazu, so hast du später noch
weniger die Kraft, die erforderlich ist, dem Bösen zu
widerstehen. Das gilt vom freiwilligen Hingehen zum Ort der
Versuchung.
Ganz anders verhält es sich mit denen, die wegen ihres
Berufes genötigt sind, mit der Welt und ihren Gesellschaften
umzugehen, was die Not und die Sorge so vieler frommer
Menschen ist. Diese sollen mit Furcht fleißig und getrost
diese Bitten beten und wissen, daß ,,der Herr die Gottseligen
aus der Versuchung zu erlösen weiß". Sie sollen auch
bedenken, ,,daß ebendieselben Leiden über ihre Brüder in der
Welt gehen", wenn auch nicht wegen derselben Versuchung.
Denn wer weniger Versuchung von der Welt hat, der hat
gewöhnlich um so schwerere Versuchungen von seinem Fleisch
und vom Teufel, ein jeder verschieden, nach verschiedenem
geistlichen Alter und verschiedenartiger Übung. Ein jeder
aber wird soviel haben, daß er ,,kaum erhalten wird", daß
alle seine eigene Kraft zuschanden wird und er ernstlich den
allein mächtigen Gott anrufen muß.
Gott, hilf Du mir in der Versuchung Schmerze
Und stärke kräftiglich mein leicht verführtes Herze,
Damit man nimmermehr mich möge sehn
Mit einem Schritt von Dir hinwegzugehn.
J.MacArthur
"Und führe uns nicht in Versuchung, sondern errette uns
von dem Bösen!" (Matth. 6,13).
Erhalte dir ein gesundes Selbstmisstrauen!
Im Augenblick deiner Errettung hat dir Gott als Richter alle
Sünden vergeben - die aus Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft. Und Er hat dir als Vater vergeben und die Freude
der innigen Gemeinschaft wieder hergestellt, die durch
spätere Sünden zerbrochen war. Aber neben der Freude der
Vergebung läuft der Wunsch einher, vor künftigen Sünden
bewahrt zu werden. Dieser Wunsch drückt sich in Matthäus
6,13 aus: "Und führe uns nicht in Versuchung, sondern errette
uns von dem Bösen!"
Diese Bitte scheint zunächst sehr leicht verständlich zu
sein, wirft aber einige bedeutende Fragen auf. Nach Jakobus
1,13 versucht Gott niemand; warum sollte Er uns dann vor
etwas bewahren, in das Er uns offensichtlich nicht von sich
aus führen wird?
Manche sagen, das Wort für "Versuchungen" in Matthäus 6,13
bedeute "Trübsale". Aber Trübsale stärken uns und erweisen
die Echtheit unseres Glaubens. Wir sollen uns über sie
freuen und sie nicht vermeiden (Jak. 1,2-4).
Obwohl das griechische Wort hier sowohl "Trübsal" als auch
"Verlockung" heißen kann, hat die Auflösung dieses Paradoxons
mit dem Wesen der Bitte zu tun. Es handelt sich bei ihr
nicht so sehr um eine sachlich-theologische Feststellung,
als vielmehr um das gefühlsmäßige Begehren eines Menschen,
der die Sünde hasst und vor ihr bewahrt bleiben möchte.
Chrysostomos, der frühe Kirchenvater, sagte von dieser Bitte,
sie sei die Reaktion der menschlichen Schwachheit angesichts
einer Gefahr (Homilien 19,10).
Ich weiß von dir nichts; aber ich habe ein gesundes
Selbstmisstrauen. Darum wache ich sorgfältig über alles,
was ich denke, sage, ansehe, lese und höre. Wenn ich das
Empfinden einer geistlichen Gefahr habe, eile ich in die
Gegenwart Gottes und sage: "Herr, diese Situation wird mich
überwältigen, wenn Du mir nicht zur Hilfe kommst." Das ist
der Geist von Matthäus 6,13.
Wir leben in einer gefallenen Welt, die uns eine Versuchung
nach der anderen vor die Füße wirft. Darum ist es nur
natürlich und passend für uns Christen, wenn wir beständig
unsere Sünden bekennen, von unserem Vater Vergebung empfangen
und Ihn bitten, uns von der Möglichkeit zu erlösen, künftig
gegen Ihn zu sündigen.
J.MacArthur
"Und führe uns nicht in Versuchung, sondern errette uns von
dem Bösen" (Matth. 6,13).
Lass dir deine Trübsale nicht zur Versuchung werden!
Wenn wir das deutsche Wort "Versuchung" hören, denken wir
meistens an das Verleiten zum Bösen. Aber mit "Versuchung"
wird in Matthäus 6,13 ein griechisches Wort übersetzt, das
sowohl von Gott zur Reinigung deines Wesens zugelassene
Trübsale meint (Jak. 1,2-4), als auch vom Satan oder deinem
Fleisch verursachte Verlockungen, die dich zum Sündigen
bringen (Matth. 4,1; Jak. 1,13-15). Beides sind begründete
Übersetzungen.
Ich glaube, bei den "Versuchungen" in Matthäus 6,13 handelt
es sich größtenteils um Trübsale. Obwohl wir wissen, dass
Gott Trübsale zu unserem Nutzen verwendet, ist es gut, Ihn zu
bitten, Er möge nicht zulassen, dass uns die Trübsal zu einer
unwiderstehlichen Versuchung wird. Das kann geschehen, wenn
wir geistlich schwach sind oder eine Situation uns
unvorbereitet trifft.
Gott wird uns nie über unser Vermögen versuchen (1. Kor.
10,13); aber zum Widerstehen gehören geistliche Disziplin und
göttlicher Beistand. Wenn wir Gott bitten, uns von Trübsalen
zu erlösen, die über uns kommen mögen, so ist das eine
Sicherung vor dem Vertrauen auf eigene Stärke und vor der
Missachtung Seiner Kraft.
Gott erprobte Joseph, indem er erlaubte, dass er von seinen
Brüdern in die Sklaverei verkauft wurde, dass ihn eine
ehebrecherische Frau ungerecht verklagte und er von einem
eifersüchtigen Ehemann schuldlos ins Gefängnis geworfen
wurde. Doch Joseph wusste die Hand Gottes über seinem Leben.
Darum konnte er später seinen Brüdern sagen: "Ihr zwar, ihr
hattet Böses gegen mich beabsichtigt; Gott [aber]
beabsichtigt, es zum Guten [zu wenden und] ... ein großes
Volk am Leben zu erhalten" (1. Mo. 50,20). Joseph war zur
Probe bereit und bestand sie großartig!
Jesus selbst wurde vom Geist in die Wüste geführt, um vom
Teufel versucht zu werden (Matth. 4,1). Gott wollte Ihn
prüfen und Seine Tugenden auf die Probe stellen; aber Satan
wollte Ihn versuchen und Seine Tugenden zunichte machen. Der
Herr ging auch daraus als Sieger hervor.
Wenn du Trübsale erfährst, lass sie dir nicht zur Versuchung
werden. Denke an Gottes Absichten und suche Seine Kraft.
Lerne aus den Beispielen solcher, die erfolgreich die
gleichen Trübsale durchstanden haben. Sei sicher, Gott sitzt
im Regiment und benutzt jede Trübsal, um deinen Charakter zu
formen und dich immer stärker deine Abhängigkeit zu lehren.
J.MacArthur
"Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit.
Amen" (Matth. 6,13 Fußnote).
Das "Vaterunser" ist ein Muster, dem man zeitlebens zu folgen
hat.
Die Bedeutung des "Vaterunser" ist tiefgreifend und
weitreichend. Ein unbekannter Autor sagte es so:
Ich kann nicht sagen "unser", wenn ich geistlich für mich
selbst, wasserdicht abgeschottet lebe. Ich kann nicht sagen
"Vater", wenn ich nicht täglich wage, als Sein Kind zu leben.
Ich kann nicht sagen "der Du bist im Himmel", wenn ich dort
keine Schätze eintrage.
Ich kann nicht sagen "geheiligt werde Dein Name", wenn ich
mit Gottes Heiligkeit im Streit liege. Ich kann nicht sagen
"Dein Reich komme", wenn ich nicht alles in meiner Kraft
Stehende tue, um diesen wunderbaren Tag näherzubringen. Ich
kann nicht sagen "Dein Wille geschehe", wenn ich Seinem Wort
nicht gehorche. Ich kann nicht sagen "wie im Himmel so auch
auf Erden", wenn ich Ihm nicht hier und jetzt diene.
Ich kann nicht sagen "gib uns ... unser tägliches Brot",
wenn ich unehrlich bin und unlautere Geschäfte betreibe. Ich
kann nicht sagen "vergib uns unser Schulden", wenn ich einen
Groll gegen andere hege. Ich kann nicht sagen "führe uns
nicht in Versuchung", wenn ich nicht die ganze Waffenrüstung
Gottes trage.
Ich kann nicht sagen "Dein Reich komme", wenn ich dem König
nicht so loyal diene, wie es einem treuen Untertanen zukommt.
Ich kann Ihm keine "Macht" attestieren, wenn ich mich
vor Menschen fürchte. Ich kann Ihm keine "Herrlichkeit"
zuschreiben, wenn ich nur meine Ehre suche. Ich kann nicht
sagen "in Ewigkeit", wenn mein Lebenshorizont völlig auf die
Dinge dieses Zeitlaufs fixiert ist.
Wenn du die Grundsätze dieses wunderbaren Gebets auf dein
eigenes Leben anzuwenden lernst, bete ich dafür, dass Gottes
Reich dein Trachten, Seine Herrlichkeit dein Ziel und Seine
Kraft deine Stärke wird. Nur so wird die Doxologie
(Lobpreis) unseres Herrn beständig in deinem Herzen klingen:
"Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in
Ewigkeit. Amen" (Vers "13).