Mt 5,23
C.Eichhorn
Sei bereit zur Abbitte
Wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und wirst
allda eingedenk, daß dein Bruder etwas wider dich habe,
so gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder!
Matth. 5, 23.24
"Ich habe Lust an Barmherzigkeit und nicht am Opfer."
Mit diesem großen Wort erklärt Gott alle unsere
gottesdienstlichen Übungen für ungültig, wenn die Liebe,
die Barmherzigkeit und Versöhnlichkeit gegen den Nächsten
dabei fehlen. Ja, dann sind ihm alle Frömmigkeitserweisungen
geradezu ein Greuel (Jes. 1, 11- 17). Alle unsere Kirchgänge,
der Besuch christlicher Versammlungen, all unser Beten mag
Gott nicht, sobald wir gleichzeitig das königliche Gebot
der Liebe verletzen oder zu hochmütig sind, um Verzeihung
zu bitten, wo wir jemandem Unrecht getan und ihn durch ein
unschönes Wort gekränkt haben. Wenn der andere uns verletzt
hat, das vergessen wir nicht, aber unsere eigenen Verstöße
gegen die Liebe übersehen und vergessen wir so leicht.
Wenn dir derartiges einfällt, dann hat es dir gewiß der
Geist Gottes gezeigt. Aber dann säume auch nicht, die Sache
in Ordnung zu bringen! Dies muß allem andern vorgehen.
Schickst du dich an, zum heiligen Abendmahl zu gehen, dann
eile zuvor und bitte dein Unrecht ab! Bevor du betend vor
Gott trittst, bekenne zuerst dem gekränkten Bruder oder der
Schwester dein Vergehen und hole dir Verzeihung, sonst kann
dich Gott nicht segnen, der Himmel ist für dich verschlossen.
Aufschub ist gefährlich. Wer weiß, ob du morgen selbst lebst
oder ob dein Widersacher noch am Leben ist! Heute sind dein
Herz und dein Gewissen von oben angerührt, morgen empfindest
du es nicht mehr so. Trotz und Hochmut gewinnen wieder die
Oberhand und lassen es nicht zu, dich zu beugen. Dein Herz
ist fester verschlossen als vorher. Ach der Hochmut des
Herzens! Wie hart geht's doch heraus: "Verzeihe mir, ich
habe gegen dich gefehlt!" Da heißt es: Wir wollen einander
verzeihen und wieder gut zusammen sein." Oder: "Verzeih mir,
wenn ich dich beleidigt habe!" Das ungebrochene Herz erlaubt
kein unumwundenes Bekenntnis der eigenen Schuld und fürchtet,
der andere werde dann triumphieren. Fort mit allen
Bedenklichkeiten! Tue, was Gott haben will, und überlaß die
Folgen deines Tuns ihm! Wie ist es der Seele so wohl, wenn
sie den Bann abgeladen hat, der auf ihr lag! Der Zugang nach
oben ist offen. Gott erhört dein Gebet, erquickt dich durch
sein Wort, segnet dich im Sakrament, und am Gerichtstag wird
kein Widersacher gegen dich auftreten und das Urteil der
Verdammnis gegen dich veranlassen.