Mt 4,7
W.Nee
Jesus sprach zu ihm: »Wiederum steht geschrieben: Du sollst
den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« Matthäus 4,7
Es ist ein himmelweiter Unterschied zwischen Gott versuchen
und ihn auf die Probe stellen. Das erstere ist verboten, das
zweite gern gesehen. Dem äußeren Anschein nach mag es
dasselbe sein, im Wesen aber sind es ganz verschiedene Dinge.
Was sie unterscheidet, ist das Wissen um Gottes durch sein
Wort mitgeteilten Willen. Ein Beispiel hierfür liefern
Israel und die Ägypter. Beide begaben sich, als sie sich ins
Rote Meer vorwagten, in die gleiche furchtbare Gefahr. Es
war ein Wagnis, das den Kindern Israels glorreiche Errettung,
den Ägyptern aber Tod und Schande einbrachte. Und warum?
Nur die einen, die Kinder Israel, folgten bei ihrem Tun einem
Wort von Gott. Dieses Wort stellten sie auf die Probe.
Oder denken wir an Paulus und seinen jungen Freund Timotheus.
Obwohl körperlich schwach, vollbrachte der Apostel Paulus
mehr in seinem Leben als zehn starke Männer. Der Vernunft
zum Trotz arbeitete er weiter und bewies, daß Gottes Kraft
genügt. Und doch ermahnte er Timotheus nicht, ihn darin
nachzuahmen. Im Gegenteil, er legte ihm ans Herz, er solle
ja auf seine Gesundheit achten. Wenn Timotheus es
unternommen hätte, ohne göttlichen Befehl das gleiche zu tun
wie der Apostel Paulus, dann hätte dies bei ihm bedeutet, daß
er Gott versucht hätte. Folgt aber einer einem solchen, von
Gott kommenden Befehl, dann stellt er nur Gottes Treue auf
die Probe.
W.MacDonald
»Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.«
Matthäus 4,7
Was ist das eigentlich, den Herrn versuchen? Ist das
irgendetwas, womit wir uns auch schuldig machen können?
Die Kinder Israel versuchten den Herrn, als sie sich darüber
beklagten, daß es in der Wüste kein Wasser gab (s. 2. Mose
17,7). Als sie sagten: »Ist der Herr in unserer Mitte oder
nicht?« zweifelten sie nicht nur an Seiner göttlichen
Gegenwart, sondern auch an Seiner Vorsehung und Fürsorge für
sie.
Satan versuchte den Herrn, als er Ihn aufforderte, doch von
den Zinnen des Tempels herabzuspringen (s. Lukas 4,9-12).
Jesus hätte Gott den Vater versucht, wenn Er das getan hätte,
denn dann hätte Er ein bloßes Kunststück vorgeführt, etwas
getan, was nicht nach dem Willen des Vaters war.
Die Pharisäer versuchten den Herrn, als sie ihn fragten,
ob es denn rechtmäßig sei, dem Kaiser Steuern zu zahlen
(s. Matthäus 22,15-18). Denn sie dachten: Ganz gleich, was
Er antwortet, er wird entweder die Römer vor den Kopf stoßen
oder diejenigen Juden, die leidenschaftlich gegen die Römer
eingestellt sind.
Saphira versuchte den Geist des Herrn, indem sie vorgab, sie
hätte den ganzen Erlös aus dem Verkauf eines Stück Eigentums
dem Herrn überlassen, während sie in Wirklichkeit einen Teil
davon für sich selbst zurückbehielt (s. Apostelgeschichte
5,9).
Petrus sagte vor dem Rat in Jerusalem, daß man Gott
versuchen würde, wenn man die Heidenchristen dem jüdischen
Gesetz unterwerfen wollte, denn das wäre ein Joch, das
schon die Juden selbst nicht hätten tragen können
(s. Apostelgeschichte 15,10).
Gott versuchen bedeutet »auszuprobieren, mit wieviel man noch
davonkommt, bevor der Herr es bestraft; es bedeutet, Ihn
auszunutzen, zu sehen, ob Er Sein Wort auch wahrmacht, oder
die Grenzen Seines Gerichtes auszuweiten.« (S. dazu 5. Mose
6,16 und Matthäus 4,7.) Wir versuchen Gott schon, wenn wir
murren oder uns beschweren, weil wir damit eigentlich Seine
Gegenwart, Seine Macht und Güte bezweifeln. Wir drücken
damit aus, daß Er unsere augenblicklichen Lebensumstände
gar nicht kennt. Er kümmert sich wohl nicht darum, oder Er
ist nicht fähig, uns daraus zu befreien.
Wir versuchen Gott auch, wenn wir uns ohne Notwendigkeit
großen Gefahren aussetzen und dann von Ihm erwarten, daß Er
uns rettet. Öfter einmal lesen wir von fehlgeleiteten
Gläubigen, die giftige Schlangen anfassen und dann daran
sterben. Sie haben sich darauf berufen, Gott hätte doch
versprochen, daß Christen davor sicher wären (»... sie
werden Schlangen aufheben« s. Markus 16,18). Aber mit
diesem Vers ist nicht gesagt, daß wir Wunder vorführen
können, wie wir wollen; Gott verspricht uns nur dann Schutz,
wenn es notwendig ist, wenn Er Seinen Willen in und durch uns
ausführen will.
Wir versuchen Gott, wenn wir Ihn anlügen, und das tun
wir, wenn wir nach außen hin eine größere Hingabe,
Opferbereitschaft und Bereitwilligkeit vortäuschen als wir
in Wirklichkeit haben und geben wollen. Genauso wie die
Pharisäer Christus in ihrer heuchlerischen Haltung
versuchten, so machen wir es auch.
Schließlich versuchen wir den Herrn immer dann, wenn wir
uns dem Bereich Seines Willens entziehen und aus unserem
Eigenwillen heraus handeln. Eigentlich ist es eine unerhörte
Sache, daß ein Geschöpf jemals wünscht oder wagt, seinen
Schöpfer zu versuchen.